Walter Fink

Kommentar

Walter Fink

Betteln ist ein Menschenrecht

Kultur / 26.05.2017 • 19:40 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

„Menschen dürfen betteln, es ist ein Menschenrecht.“ Das hat die Katholische Kirche Bregenz vor einiger Zeit gesagt, als die Hetze gegen die Roma und Sinti in Vorarlberg auf ihrem Höhepunkt – den sie bis heute nicht verlassen hat – angelangt war. Und Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums, meinte: „Wenn hundert bettelnde Menschen eine Krise auslösen können, dann zeigt das, wie dünn das Eis des Wohlstands ist, auf dem wir gehen.“ Die Roma und Sinti, die so vielen Vorurteilen begegnen, finden wir derzeit nicht nur auf den Straßen, sondern auch im Vorarlberg Museum, wo ihnen die Ausstellung „Romane Thana“ gewidmet ist.

 

Es war eine gute Idee des Museums, diese Ausstellung, die bereits 2015 vom Wien Museum gezeigt und von Andrea Härle vom Romano Centro zusammengestellt wurde, zu übernehmen. Erstens weil wir bei uns seit Jahren mit einem vermeintlichen Roma-Problem zu tun haben, zweitens weil die Ausstellung ein hervorragendes Bild dieser Volksgruppe in Österreich zeichnet. Zwangsläufig ist – auch im erstklassigen Katalog – viel von Verfolgung die Rede, vom Kampf um Anerkennung, von Rückschlägen und Erfolgen der Volksgruppe der Roma und Sinti. Man muss nicht nur an die Zeit des Nationalsozialismus denken, als die „Zigeuner“ gleicher Verfolgung ausgesetzt waren wie die Juden. Es gab nicht nur einen Antisemitismus, es gab auch einen Antiziganismus. Und es gibt beides bis heute. Auch bei uns. Mit Schrecken erinnern wir uns an den 4. Februar 1995, als in Oberwart Roma Opfer eines Anschlags wurden. Vier junge Menschen starben durch eine Bombe, die von grausamen Rassisten gelegt wurde. So weit geht es nicht immer – aber Verfolgung und Denunzierung kennen auch wir in Vorarlberg.

 

Leider war die Zuwanderung der Roma in Vorarlberg etwa zur selben Zeit wie die Herausgabe des Katalogs, weshalb dort nicht viel von uns zu lesen ist. In der Ausstellung allerdings wurde auch Vorarlberg aufgenommen. In einer Vitrine finden sich büschelweise Anzeigen gegen Bettlerinnen in Vorarlberg. Rechtsanwalt Anton Schäfer, der seit Jahren für die Armutsreisenden eintritt, hat dazu eine Statistik: In den letzten vier Jahren wurden 75 Strafen gegen Bettlerinnen ausgesprochen, 211 Verfahren sind noch unerledigt. Vielleicht sollte man Politiker und Beamte, die hinter diesen Verfahren stehen, in die Ausstellung schicken.

Vielleicht sollte man Politiker und Beamte, die hinter diesen Verfahren stehen, in die Ausstellung schicken.

walter.fink@vn.at
Walter Fink ist pensionierter Kulturchef des ORF Vorarlberg.

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