„Es geht um die Zukunftschancen“

Es geht um eine ganze Generation. Das Land Vorarlberg will Jugendliche stärken.
Jugendarbeit. Das Land Vorarlberg hat vorgesehen, in diesem Jahr knapp 4,2 Millionen Euro in die Arbeit für Jugendliche und mit Jugendlichen zu investieren. Landeshauptmann Markus Wallner erklärt im Interview, warum sich die Landesregierung für die Jugend einsetzt.
Herr Landeshauptmann, Bund und Länder haben 2016 zum „Jahr der Jugendarbeit“ erklärt. Mit welcher Intention?
WALLNER: Im Vordergrund steht, in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für den Wert der außerschulischen Jugendarbeit zu schärfen. Sie ist neben Familie, schulischer Erziehung sowie Berufsausbildung eine wichtige Säule, um junge Menschen zu fördern und zu stärken.
Wie würden Sie den Ist-Zustand in Bezug auf Jugendarbeit und jugendliches Engagement in Vorarlberg beschreiben?
WALLNER: Es gibt viele positive Beispiele, an denen sichtbar wird, dass wir im Land eine starke und interessierte Jugend haben, die dazu bereit ist, Vorarlberg aktiv mitzugestalten und Verantwortung zu tragen. Die Verbindung von Jugend und Ehrenamt etwa ist für unsere Gesellschaft ein großer Gewinn. Denn Mitwirkung und Mitbestimmung der Jugend, ihre Teilnahme am öffentlichen Leben und am gesellschaftlichen Miteinander, sind absolute Grundvoraussetzungen in jeder Gemeinschaft, die sich weiterentwickeln will.
Und trotzdem sieht die Landesregierung offenbar Handlungsbedarf, was Beteiligung und Mitsprache von Jugendlichen angeht…
WALLNER: Natürlich ist es ein Ziel, Jugendliche noch stärker einzubinden. Die jungen Menschen im Land sollen wissen, dass sie ernst genommen werden und dass ihnen auf Augenhöhe begegnet wird.
Welches sind die „bewährten Instrumente“, die jugendliche Mitsprache sicherstellen?
WALLNER: Ein wichtiger Partner für das Land in Sachen Kinder- und Jugendbeteiligung ist etwa der Landesjugendbeirat. Er besteht aus Vertreterinnen und Vertretern von insgesamt 16 Jugendorganisationen, in denen über 41.000 Vorarlberger Jugendliche organisiert sind. Es ist mir ein großes persönliches Anliegen, den Beirat in all jenen Fragen einzubinden, die für Jugendliche hier im Lande besonders relevant sind. Ein Beispiel ist etwa das Jugendschutzgesetz, das in enger Absprache mit dem Beirat überarbeitet wird.
Worauf richtet das Land verstärkt sein Augenmerk? Wo liegt Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung und: Sehen Sie auch die Jugendlichen gefordert?
WALLNER: Vorrangiges Anliegen des Landes ist es, alles daran zu setzen, dass Vorarlbergs Kinder und Jugendliche ihre Potenziale, Talente und Fähigkeiten optimal entwickeln und entfalten können. Dazu gehört auch, dass der notwendige Freiraum für eine sinnvolle Freizeitgestaltung zur Verfügung steht. In enger Kooperation mit den Gemeinden ist es gelungen, landesweit eine gute Infrastruktur zu schaffen. Allein von Landesseite werden heuer in den Betrieb der einundvierzig Jugendzentren und Jugendtreffs und in den Dachverband der Jugendzentren mehr als zwei Millionen Euro investiert. Wichtig ist aber, die jungen Menschen noch stärker mitzunehmen und zu aktivieren. Da gibt es noch Luft nach oben. Laut einer Studie der FH Vorarlberg ist das Potenzial in Sachen Bürgerengagement bei der Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen am größten. Hier setzen wir mit innovativen Beteiligungsmodellen an.
Von Landesseite gibt es Unterstützung für die Offene ebenso wie für die verbandliche Jugendarbeit. Wie beurteilen Sie das Verhältnis der beiden Pfeiler der Jugendarbeit?
WALLNER: Sehr positiv. Es gibt hier kein Konkurrenzdenken. Beide sind wichtige Eckpfeiler zur Förderung von Jugendlichen in Vorarlberg. Übereinstimmend geht es darum, junge Menschen zu motivieren, ihr persönliches Umfeld politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich mitzugestalten und sie auf diese Weise aktiv in die Verantwortung einzubinden.
Wie sehen Sie die Leistungsbilanz der Offenen Jugendarbeit seit Bestehen?
WALLNER: Das Koordinationsbüro für Offene Jugendarbeit und Entwicklung „koje“ zählt derzeit 38 Mitgliedseinrichtungen, die landesweit insgesamt 58 Jugendtreffs betreiben. Laut Umfrage von 2014 liegen die Öffnungsstunden pro Woche in Summe bei rund 770, in den Treffs sind 140 Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter hauptamtlich tätig. Neben der standortbezogenen Offenen Jugendarbeit in den Jugendzentren und -treffs spielt die mobile Jugendarbeit im öffentlichen Raum in Vorarlberg eine wichtige Rolle.
Vorarlberg will ein Anerkennungssystem für freiwillig engagierte Jugendliche starten. Ist heute ein Belohnungsmodell nötig, um junge Menschen zu motivieren, oder welche Absicht steckt hinter der Initiative?
WALLNER: Natürlich kann eine Belohnung einen gewissen Anreiz bieten. Alleine das wird aber vermutlich keinen Jugendlichen ernsthaft hinter dem Ofen hervorlocken und dazu bewegen, sich zu engagieren. Aus meiner Sicht ist bei jungen Leuten die Bereitschaft, etwas zu tun, grundsätzlich vorhanden. Was fehlt, ist oft eine Art Initialzündung. Dem innovativen Modell, das gerade entwickelt wird, traue ich zu, dass damit dieser Funke erzeugt werden kann. Vorgesehen ist, dass Jugendliche für ihre freiwillige Tätigkeit im Rahmen von Projekten, in Vereinsfunktionen etc. Punkte sammeln können und dafür eine Belohnung bzw. Anerkennung bekommen. Dies reicht von nicht käuflich erwerbbaren Dingen bis zur Möglichkeit auf Erfahrungen wie z.B. Mitgestaltung einer Radiosendung. In einer zweiten Ausbaustufe sollen die Jugendlichen zudem einen „Engagement-Lebenslauf“ erhalten. Dieser kann einen Vorteil bei der Jobsuche verschaffen.
Welche Impulse erhoffen Sie sich vom geplanten Jugend-Bürgerrat „Jugend – Zukunft – Chancen“?
WALLNER: Der Bürgerrat bietet die Gelegenheit, die Sichtweisen von Jugendlichen einzuholen, Herausforderungen zu benennen und mit ihnen auch Lösungsvorschläge zu entwickeln. Daraus entstehen Empfehlungen an die Vorarlberger Landesregierung, die wir auch diskutieren und in die tägliche Regierungsarbeit einfließen lassen wollen.
Wie bewerten Sie die Voraussetzungen für Jugendliche, um nicht für eine Ausbildung weggehen zu müssen oder nach einem Studium wieder nach Vorarlberg zurückzukehren?
WALLNER: Viele, aber eben nicht alle Ausbildungen lassen sich hier im Land absolvieren. Alles in allem ist das vorhandene Ausbildungsangebot gut entwickelt. Die Lehre – und die damit verbundene Ausbildung – ist eine Perle Vorarlbergs. Nicht umsonst entscheidet sich jede/r Zweite für diesen Weg. Auch die FH ist sehr beliebt. Auch hier wird das Angebot ständig weiterentwickelt. Wer an einer Uni studieren will, muss Vorarlberg zwar verlassen, aber viele kommen auch wieder zurück. Vielleicht nicht gleich, aber dann nach einiger Zeit. Vorarlberg zeichnet einfach eine hohe Lebensqualität aus.
Aus meiner Sicht ist bei jungen Leuten die Bereitschaft, etwas zu tun, grundsätzlich vorhanden.
LH Markus Wallner
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.