„Die Würfel fallen heute“

Investmentbanker: Digitale Revolution hat massive Auswirkungen auf alle Berufsgruppen.
bregenz Angesichts der digitalen Revolution fürchtet der 42-Jährige Querdenker und selbsternannte Investmentpunk Gerald Hörhan – seit jeher durch provokante Thesen bekannt – dass die Mittelschicht zu den größten Verlierern der Umwälzungen zählen wird und die Arbeitslosenraten in der Folge in Höhen von 40 Prozent und mehr schnellen könnten. Die Folge: Millionen Menschen müssen in Europa umgeschult werden. Die New Economy funktioniert nach dem Prinzip „The winner takes it all“, erläutert der 42-Jährige in seinem Vortrag beim Vorarlberger Wirtschaftsforum. „Das bedeutet, dass auf globaler Ebene mehr Monopole und Oligopole geschaffen werden.“ Stichwort Amazon.
Mehr Monopole
Dabei betont Hörhan, dass die dadurch ausgelösten Entwicklungen nicht nur Konzerne betreffen, sondern alle Berufsgruppen. Nicht nur Arbeiter spüren die Folgen, sondern auch Lehrer, Universitätsprofessoren, Ärzte oder Anwälte. „Was passiert, wenn plötzlich ein paar Leute alles haben und viele nichts?“, fragt Hörhan. Er sei daher „immer wieder schockiert“, dass sich nicht alle mit den digitalen Entwicklungen auseinandersetzen, viele Studenten immer noch Betriebswirtschaft studieren und Investmentbanker als Berufsziel angeben.
In seinem Vortrag thematisiert der erfolgreiche Absolvent der US-Eliteuniversität Harvard, der schon mit 28 Jahren Millionär und mit 36 Besitzer von 160 Wohnungen war, zudem eine weitere Entwicklung durch die Digitalisierung, nämlich die „Verdummung der Gesellschaft“. Social-Media-Algorithmen würden den demokratischen Prozess unterwandern, auf Facebook werde beispielsweise nur angezeigt, was ohnehin schon der eigenen Meinung entspreche. Dazu komme, dass erfolgreiche YouTube-Influencer in ihrer Reichweite zunehmend am Fernsehen vorbeizögen. „Sie haben dadurch auch politische Macht. Allerdings sind sie nicht der Wahrheit verpflichtet. Sie posten, was sie wollen.“
Politik säumig
Die Politik unterschätze den Prozess, der durch die Digitalisierung ausgelöst wird, völlig, gibt Hörhan zu bedenken. Derzeit sei die Lage etwa so, dass lokale Unternehmen besteuert und reguliert würden, globale Unternehmen aber fast gar keine Steuern zahlen müssten. Der Wiener bemüht sich um ein Gleichnis: Zu viele Regeln führten auf dem Fußballfeld dazu, dass gar nicht mehr Fußball gespielt werde, zu wenig seien aber auch ein Problem. „Die Politik ist der Schiedsrichter“, meint er. Auch hält er es für essenziell, die digitale Bildung zu forcieren. Hörhan stellt in diesem Zusammenhang eine provokante Frage: „Wird in den Bau von Grenzmauern oder in Waffentechnologie investiert oder in die Zukunft von Millionen Menschen?“
Als pessimistisch will der nun „digitale Investmentpunk“ seine Thesen jedenfalls nicht verstanden wissen. Damit 16-jährige Hacker nicht im Privatjet an einem vorbeiziehen, während man selbst im Linienflugzeug Platz genommen hat, gelte es aber „die richtigen Entscheidungen zu treffen“ und nicht mehr auf Skills zu setzen, die längst niemand mehr brauche. Der 42-Jährige betont: „Ein paar Leute werden in den nächsten Jahren sehr viel Geld verdienen und zu Meinungsbildnern werden. Die Würfel fallen heute.“
Zur Person
Gerald Hörhan
Investmentbanker, Unternehmer, Autor.
Geboren 28. Oktober 1975
Ausbildung Hörhan studierte Wirtschaft und Mathematik in Harvard (Abschluss mit Summa cum laude), später war er bei JP Morgan in New York, McKinsey in Frankfurt und als Berater tätig. Seit 2003 selbstständig.
Video
Die digitale Revolution
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