Lex „Luxit“

Extra / 11.02.2018 • 09:00 Uhr
Lex „Luxit“

Vorarlbergs größte Marktgemeinde mit den Koordinaten 47° 26′ N, 9° 40′ O setzt Statuten von 1806 in Kraft.

Lustenau „Dem Rhein und dem Ried sing ich dieses Lied . . .“ sind die ersten Zeilen in der vom Heimatdichter und Liedermacher Wolfgang Verocai verfassten offiziellen Hymne des freien Reichshofs Lustenau. Und weiter: „Vom Widum bis zum Fischerbühel, so weit reicht mein Heimatgefühl.“

Doch alles der Reihe nach und ein Blick in die Geschichtsbücher. Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 veränderte die politische Landschaft innerhalb des Heiligen Römischen Reichs vollkommen. Ein großer Teil der kleineren, bisher reichsunmittelbaren Territorien war durch Säkularisation oder Mediatisierung einem benachbarten großen Fürstentum zugeschlagen worden, und die Überlebensfähigkeit eines souveränen, unabhängigen Lustenau schien zunehmend gefährdet. Am 3. März 1803 bat die Gemeinde in einer Denkschrift an Kaiser Franz II. darum, unter österreichischen Schutz gestellt zu werden, was aber vorläufig nicht geschah.

Lustenau war somit weiterhin – als letzter Ort im heutigen Vorarlberg – nicht unter habsburgischer Herrschaft. Als im Pressburger Frieden 1805 die Habsburger Tirol und Vorarlberg an Bayern abtreten mussten, war Lustenau folglich nicht betroffen. Nachdem Franz II. am 6. August 1806 die Kaiserkrone niederlegte und damit das Ende des Heiligen Römischen Reiches besiegelte, wurde Lustenau ein vollkommen selbständiger Staat unter der Herrschaft der Gräfin Maria Walburga Waldburg-Zeil-Lustenau-Hohenems. Bereits am 1. September 1806 fand die königlich bayerische Besitznahme der Hoheitsrechte in Lustenau statt, die Souveränität war damit nach 26 Tagen schon wieder zu Ende. Die Gemeinde wurde dem Landgericht Dornbirn zugeschlagen, die niedere Gerichtsbarkeit (Patrimonialgericht) blieb bei Gräfin Maria Walburga. Diese verkaufte 1813 all ihre Rechte in Bezug auf Lustenau an ihren Gatten Graf Clemens Waldburg-Zeil-Lustenau-Hohenems. Als Vorarlberg 1814 an Österreich zurückfiel, entwickelte sich um die Frage der Zugehörigkeit Lustenaus zu Vorarlberg ein Konflikt zwischen Bayern und Österreich. Als die Lustenauer Gemeindevorstehung erneut – wie bereits 1803 – um Aufnahme in den Staat Österreich bat, besetzte österreichisches Militär den Ort. Die Patrimonialgerichtsbarkeit jedoch verblieb bei Graf Clemens Waldburg-Zeil. Erst sein Erbe Maximilian bot 1827 den Verzicht an. Mit der feierlichen Übergabe der Gerichtsakten am 22. März 1830 wurde Lustenau endgültig österreichisch.

Als der Gemeindearchivar Wolfgang Scheffknecht beim Aufräumen auf mehrere Dokumente aus dem Schicksalsjahr 1806 stieß, glaubte er seinen Augen kaum zu trauen. Im Vertrag mit Bayern gibt es eine Klausel über den „Luxit“. Das Szenario: Lustenau wird wieder zum freien Reichshof mit eigenem Gerichtsstand. Bürgermeister Kurt Fischer ist ab sofort mit Ortskaiser anzusprechen, die Austria Lustenau ist Nationalmannschaft und Mundart Amtssprache.

Weitreichende Konsequenzen

Doch was bedeutet die Abspaltung für die restlichen 95 Gemeinden Vorarlbergs? Fischer beruhigt: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten. Das hätte im Ried ja auch kaum Sinn, die würde nach zwei Tagen im Sumpf untergehen. Aber natürlich werden wir Grenzposten aufziehen, Straßenmaut für Ausländer in Kraft setzen und wird spekulieren damit, unsere eigene Währung, den „Äuôli“, einzuführen. Das dauert allerdings noch etwas, erst müssen wir unsere Ein- und Ausfuhrzölle definieren. In der Zwischenzeit – das wurde schon evaluiert – kann der Vetterhof die Ernährung der Bevölkerung aufrechterhalten.

Mit dem Katalanen Carles Puigdemont hat Fischer bereits per Twitter Kontakt aufgenommen. „Der Mann hat Erfahrung und kann mir sicher gute Tipps in Bezug auf Abspaltung und Selbstverwaltung geben. Ich habe dafür extra mein Spanisch-Lexikon von Pons ausgegraben. Ich wünsche mir selber buena suerte.“

„Wir spekulieren damit, dass der Vetterhof uns alle ernähren kann.“

Lex „Luxit“