Gekommen, um zu bleiben

Ein Afghane, eine irakische und eine syrische Familie bauen sich in Vorarlberg ein neues Leben auf.
Schwarzach Sie engagieren sich beim Roten Kreuz, bei der Feuerwehr oder als Bademeister. Sie kommen aus unterschiedlichen Ländern, aber eines haben Omar Kasim, Hussein Khadim und Ezat Ezati gemeinsam: Sie zählen zu jenen Menschen, die 2015 und 2016 während der sogenannten Flüchtlingskrise nach Vorarlberg gekommen sind und damit begonnen haben, hier Fuß zu fassen.
Es ist der Krieg, der sie aus ihrem Leben reißt. Hussein Khadim wächst im Irak auf und gründet eine Familie. Seine Frau Namariq ist Bauingeneurin, er Psychologe. Beide arbeiten im Staatsdienst. Ezat Ezati stammt aus der afghanischen Hauptstadt Kabul und wächst ohne Geschwister auf. Omar Kasim lebt in der syrischen Hauptstadt Damaskus, studiert Rechtswissenschaften und heiratet eine Volksschullehrerin. Als die erste Tochter zur Welt kommt, verändert sich das Land langsam. Die Justiz wird immer ungerechter, das Regime härter. Die Familie zieht nach Dubai, um einen Neustart zu wagen.
Sechs Jahre lang funktioniert es, die zweite Tochter kommt zur Welt. Bis der Krieg in Syrien alles verändert. „Die Regierung entzog vielen Syrern ohne Begründung die Aufenthaltsbewilligung, sie mussten das Land innerhalb einer Woche verlassen“, erinnert sich Omar Kasim. Über Istanbul und Griechenland landen die Kasims zunächst in Villach, 2018 erreichen sie Vorarlberg. Mittlerweile wohnt die Familie mit einer dritten Tochter in Feldkirch.
Die Kasims sind vier von 3687 Flüchtlingen, die seit 2015 irgendwann bei der Caritas in Obhut waren. Hussein und Namariq Khadim gehören mit ihren Kindern ebenfalls dazu. Sie müssen fliehen, weil es ihnen im Irak zu gefährlich wird, als Psychologe Hussein Khadim Gefälligkeitsgutachten über Gefängnisinsassen schreiben soll, was er nicht möchte. Als er einen provozierten Autounfall überlebt, flieht die Familie. „Wir hatten ein kleines Haus, eine gute Arbeitsstelle, Familie und Freunde. Die Sicherheit war aber das Wichtigste“, erzählt er. Mit 70 Personen auf einem viel zu kleinen Boot geht es über das Mittelmeer. Das Boot verliert Luft, es ist brandgefährlich. Doch sie werden gerettet und landen in Schlins.
Lehre bleibt verwehrt
Derzeit betreut die Caritas in Vorarlberg 988 Flüchtlinge. Am Höhepunkt im Juli 2016 waren es 2842; zu Jahresbeginn noch 1162. Auch Ezat Ezati kommt im Laufe des Jahres 2016 ins Land. Bis dahin lebt er in Kabul. Sein Vater ist bereits tot, als er aufgrund des Krieges fliehen muss. „Es schmerzt mich heute noch sehr zu wissen, dass meine Mutter allein in Kabul ist“, erzählt er. Über Traiskirchen landet er als 16-jähriger unbegleiteter Minderjähriger zunächst in Dornbirn und später in Lauterach. Er würde gerne eine Lehre absolvieren, darf aber nicht. Den Weg zum Traumberuf Bankkaufmann möchte er sich aber nicht verbauen lassen, weshalb er die HAK-Abendschule besucht. Außerdem gehört er zur Feuerwehr Wolfurt und zum Roten Kreuz.
Hussein Khadim hat sich mit seiner Frau und seinen vier Söhnen in Schlins niedergelassen. Sie spielen Fußball und sprechen Dialekt. Wie Ezat Ezati warten auch die Khadims auf einen positiven Asylbescheid. Bis dahin dürfen der Psychologe und die Bauingenieurin nicht arbeiten. Hussein Khadim war im Sommer deshalb als Bademeister im Walgaubad im Einsatz, derzeit hilft er beim Corona-Team des Roten Kreuzes. Es ist ein unentgeltlicher Vollzeitjob.
Auch die Töchter der Kasims sprechen bereits Dialekt. Omar Kasims Jus-Studium wird nicht anerkannt, weshalb er als Koordinator im Lerncafé in Dornbirn arbeitet und berufsbegleitend die Schule für Sozialpädagogik in Stams absolviert. Ein Wunsch für die Zukunft hat er: Im Raum Feldkirch eine leistbare Wohnung finden. „Das wäre ein großes Glück.“

