Das Benzin für den Mann

Ein Mangel an Testosteron lässt das starke Geschlecht kräftig schwächeln.
Feldkirch. (VN-mm) Männer und Hormone: Lange war dieses Thema auch medizinisch betrachtet von geringer Relevanz. Deshalb wird ein möglicher Mangel als Ursache für Unwohlsein immer noch meist erst als letzte Möglichkeit in Betracht gezogen. Und das, obwohl die Hormone auch bei den Männern viele physische und psychische Veränderungen bewirken können, wie Primar Dr. Andreas Reissigl, Leiter der Urologie im LKH Bregenz, den diesmal vorwiegend männlichen Besuchern des Mini Med Studiums erklärte. Die größte Rolle spielt das Testosteron. „Es ist das Benzin für den Mann“, meinte Reissigl plakativ. Gibt es zu wenig davon, schwächelt das starke Geschlecht in jeder Hinsicht.
Jeder Fünfte betroffen
Hormone sind Botenstoffe. Sie werden von speziellen Zellen produziert und über die Blutbahn zu den jeweiligen Organen transportiert. Wichtige „Produktionsstätten“ sind unter anderem das Zwischenhirn, die Hirnanhangdrüse sowie die Schilddrüse. Die Sexualhormone, auch Androgene genannt, bilden sich zur Hauptsache in den Hoden. Die Androgene sorgen für die Ausprägung der männlichen Merkmale und dafür, dass sie bleiben.
Das Haupthormon ist das Testosteron. Zu wenig von diesem Androgen kann das Wohlbefinden massiv beeinträchtigen. Laut Primar Reissigl leidet jeder fünfte Mann an Testosteronmangel, dem sogenannten Hypogonadismus. Der kann angeboren sein, sich aber auch durch fehlende Stimulation in den produzierenden Organen entwickeln. Zudem unterliegt der Testosteronwert einem Tag-Nacht-Rhythmus. „Bei jungen Männern ist die höchste Konzentration in der Nacht gegeben. Bis gegen Nachmittag fällt der Wert dann wieder ab“, erläuterte der Urologe den Vorgang. Im Alter nivelliert sich die Hormonausschüttung. Das heißt, es gibt kaum noch Veränderungen im Rhythmus.
Hohe Abhängigkeit
Das Testosteron beeinflusst sehr viele Vorgänge im männlichen Körper. Leistungsfähigkeit, Konzentration, Haarbildung, Knochenstabilität, Muskelkraft, Genitalentwicklung, Sexualität, Libido, Blutbildung, Fettstoffwechsel und das Körperfett sind davon abhängig. Entsprechend negativ wirkt sich ein niedriger Testosteronspiegel aus. Depressionen, Erektionsstörungen, Osteoporose und Schweißausbrüche können die Folgen sein. Ebenso führt ein Mangel an Testosteron zum Metabolischen Syndrom mit Diabetes, Bluthochdruck und überhöhten Blutfettwerten. Das wiederum kann schwere Herzerkrankungen verursachen. Ein zu niedriger Testosteronwert gehöre behandelt, so Reissigl. Insbesondere, wenn gesundheitliche Probleme auftreten.
Die Therapie gründet auf einer urologischen Untersuchung, der Messung des PSA-Werts und einem umfänglichen Blutbild. Am Anfang wird über drei Monate mit einem kurz wirkenden Medikament behandelt. „Macht es keine Nebenwirkungen, kann auf eine länger wirkende Medikation umgestiegen werden“, sagte Andreas Reissigl. In jedem Fall brauche es zusätzlich regelmäßige fachärztliche Kontrollen. Als Ziel einer sinnvollen Hormonersatztherapie formulierte der Urologe die Wiederherstellung des allgemeinen Wohlbefindens mit Verbesserung der Muskelmasse, Knochendichte und Potenz. Schwieriger lassen sich Depressionen durch eine Hormonzufuhr beeinflussen. An therapeutischen Interventionen stehen Kapseln, Gels zum Auftragen auf die Haut und 3-Monats-Spritzen zur Verfügung.
Mögliche Nebenwirkungen
Andreas Reissigl hielt auch mit möglichen Nebenwirkungen einer Hormonersatztherapie nicht hinter dem Berg. Dazu zählen Flüssigkeitszunahme im Körper, Blutbildveränderungen, Schlafapnoe, Schwellungen der männlichen Brustdrüse und Prostatakrebs. Allerdings gelten auch niedrige Testosteronwerte als Risikofaktor. Laut Studien bringt eine Therapie in immerhin 90 Prozent der Fälle deutliche Verbesserungen. „Die Mitarbeit des Patienten ist jedoch gefordert“, betonte Reissigl abschließend.
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