Hormone in den Wechseljahren?

Neue Erkenntnisse geben Entwarnung bezüglich Risiken einer Hormonersatztherapie.
Nutzen. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, der Berufsverband der Frauenärzte und zahlreiche weitere Fachgesellschaften formulieren in einer aktualisierten Empfehlung: Nach aktueller Datenlage ist zu erwarten, dass bei früher Substitution (Altersgruppe unter 60), unter Vermeidung langjähriger Östrogendefizite, für nicht mit speziellen Risikofaktoren oder Vorerkrankungen belastete Frauen, der Nutzen einer indizierten Hormonersatztherapie die Risiken meist überwiegt. „Diese Aussage spricht mir aus der Seele“, so OA Dr. Christopher Hager, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Krankenhaus Dornbirn. Denn: „Viele Frauen sind sehr verunsichert. Trotz ausführlicher Beratung bleibt häufig ein, wie sich gezeigt hat, teilweise unbegründetes Misstrauen gegenüber der Hormonersatztherapie bestehen.“
Mengenabhängig
Bedeutend ist, dass eine Zunahme von Thrombosen und Embolien verhindert werden kann, wenn die Arzneimittel als niedrig dosiertes Pflaster aufgeklebt oder lokal nur an der Vagina angewendet und nicht als Tabletten eingenommen werden. Auch ist offenbar die Sorge unbegründet, eine Hormonersatztherapie könnte Herzinfarkte herbeiführen. Zumindest gilt das für Frauen ohne entsprechende Vorerkrankungen. Die wichtigste Erkenntnis betrifft jedoch Brustkrebs: Schon in der sogenannten WHI-Studie war in einer Untergruppe von Frauen, die nur Östrogene bekamen, aber keine Gestagene, die Brustkrebs-Häufigkeit gesunken. Mittlerweile wurde festgestellt, dass die Erhöhung des Brustkrebsrisikos vor allem durch Gestagene hervorgerufen wird und – wenn überhaupt – nur in sehr geringem Ausmaß durch Östrogene. Vermutlich ist der Effekt zudem abhängig von der Hormonmenge. In der WHI-Studie wurde Gestagen noch in einer Dosis verwendet, die heute als überholt gilt. Viele Hormonexperten gehen nun davon aus, dass sich mit modernen, niedrig dosierten Gestagenen das Brustkrebsrisiko deutlich vermindern lässt. Ganz verzichten kann man auf dieses Hormon nicht, denn ohne würde das Östrogen die Gebärmutterschleimhaut zu fortdauerndem Wachstum anregen, was in seltenen Fällen zu Krebserkrankungen der Gebärmutter führen könnte.
Eigenes Abwägen
Wie Christopher Hager bestätigt, lässt sich ein sehr gering erhöhtes Risiko für Brustkrebs bei Hormonersatztherapien nicht völlig wegdiskutieren. Dem gegenüber stehe aber ein eher geringeres Risiko für Herzerkrankungen, ein um die Hälfte reduziertes Risiko für Dickdarmkrebs, Schutz vor Osteoporose und – nicht zuletzt – ein allgemein verbessertes Wohlbefinden. „Letztlich muss jede Frau selbst abwägen, was sie für sich am sinnvollsten erachtet. Es sollte aber berücksichtigt werden, dass die Hauptrisikofaktoren für Brustkrebs eben nicht die Hormonersatztherapien sind, sondern viel mehr in sogenannten Lifestyle-Faktoren wie Übergewicht, Alkoholkonsum oder Rauchen liegen“, betont Hager.
Medizinisches Fazit: Bei Frauen, die unter Wechseljahrbeschwerden leiden und keine besonderen Risiken oder Vorerkrankungen mitbringen, steht nach heutigem Wissensstand einer Behandlung mit Hormonersatz auch über mehrere Jahre hinweg nichts im Weg.
Diese Aussage spricht mir aus der Seele.
christopher hager
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