Geschichts-Geplänkel
Die beiden Buben schleppten schwer, aber mit Begeisterung. Einer transportierte den schmucklosen Tannenbaum auf einem Handkarren, der andere zog ihn munter hinter sich her. Das Ziel war das gleiche, nämlich der Sammelplatz für ausgediente Christbäume. Heute werden sie wohl von emsigen Zunfthelfern abgeholt. Als Futter für das Funkenfeuer taugen sie noch allemal.
Und wir können uns wieder wirklich wichtigen Dingen zuwenden. Etwa der Frage, was denn nun echtes Brauchtum darstellt und welchen geschichtlichen Ursprungs dem Fasching – oder heißt das bei uns Fasnacht? – huldigende Vereine tatsächlich sind. Ich für meinen Teil habe immer schon geahnt, dass der Fasching eine bitterernste Sache ist. Wo kämen wir hin, wenn sich jeder nach Belieben den Mantel der Geschichte umhängen würde, während Historiker bemüht sind, penibel genaue Nachweise zu erbringen? Da könnte jeder kommen und einen auf Alt machen. Kaum auszudenken, wie sich die Geschichte dann in tausend Jahren lesen würde. Obwohl: Was über Jahrzehnte gepflegt wird, wäre dann wohl schon wieder Tradition. Oder?
Liebe Leserinnen und Leser, nehmen Sie diese Zeilen bloß nicht ernst, und haben Sie Ihre Freude mit dem Fasching, mit dem Funkensonntag und mit all’ den anderen Bräuchen, die Land und Jahreszeit hergeben. Das Geplänkel zwischen Vereinen und Historikern zeigt nur, dass es uns eigentlich noch gutgeht. Aber verstehen wir auch jene, die um eine ordentliche Geschichtsschreibung bemüht sind. Es wird nicht zum Schaden unserer Nachfahren sein.
marlies.mohr@vorarlbergernachrichten.at
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