Einmal einfach so
Sie hatte sich eigentlich noch nie viel aus Schmuck gemacht. Früher, ja, da gönnte sie sich das eine oder andere edle Stück. Einfach so. Aber nichts, das eine güldene Schatulle oder gar einen Banksafe gerechtfertigt hätte. Kleine Dinge, die nur für sie von Bedeutung waren. Doch die Anlässe, solche Pretiosen auszuführen, wurden mit der Zeit immer weniger, und Haushalt und Sport vertrugen sich ihrer Meinung nach ohnehin nicht allzu gut mit dekorativem Beiwerk. So verschwand es irgendwann in einer Schublade. Dort fristet es heute noch ein weitgehend unbeachtetes Dasein.
Ist es dem Alter geschuldet oder sonst einer Eingebung? Auf jeden Fall war er plötzlich wieder da, dieser Wunsch nach etwas neu Glänzendem. Ein Ring? Ja, genau. Sie würde sich einen Ring kaufen. Nichts Klassisches. Eher etwas Modernes. Etwas, das zu allem passt. Und jedes Mal, wenn sie am Schmuckgeschäft im Dorf vorbeikam, schielte sie in die Auslagen. Ins Geschäft ging sie nicht. Sich mitten unter der Woche einen Ring zu kaufen, wäre das nicht geradezu dekadent? Sie empfand das zumindest so.
Alte Schule eben. Besonderes gehört besonderen Anlässen, sonst wäre es ja nichts mehr Besonderes. Andererseits: Ist es nicht auch etwas Besonderes, sich selbst einmal etwas zu gönnen, das nicht in die Rubrik des Alltäglichen gehört? Ich meine schon. Und dafür ist jeder Tag so gut wie der andere. Sie kaufte den Ring schließlich an einem Donnerstag. Einfach so.
marlies.mohr@vn.at
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.
Kommentar