Blut als Alternative zu Gewebeproben

Gesund / 29.09.2017 • 07:46 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Blut als Alternative zu Gewebeproben

Länderübergreifende Zusammenarbeit zur Verbesserung der Krebstherapie.

Dornbirn, Ravensburg Unter Leitung des Vivit-Instituts startet eine länderübergreifende Zusammenarbeit von Kliniken, onkologischen Praxen und Labors im Rheintal-Bodenseeraum. In dem von der EU geförderten Projekt soll die Verwendung von Blut als Alternative zu Gewebeproben für die zielgerichtete Behandlung von Tumorerkrankungen etabliert werden.

Für die Wahl der medikamentösen Therapie einer Krebserkrankung spielt das genetische Profil des Tumors eine ausschlaggebende Rolle. Dieses wird standardmäßig anhand von Gewebeentnahmen (Biopsien) bestimmt. Aktuelle technologische Fortschritte machen es nun möglich, für eine genetische Analyse auch Blutproben, sogenannte Flüssigbiopsien, verwenden zu können. „Das dahinterstehende Prinzip ist, dass Tumore DNA-Bruchstücke und sogar ganze Zellen in die Blutbahn abgeben“, erläutert Axel Mündlein, Leiter des Vivit-Labors in Dornbirn. Der Vorteil der Verwendung einer Flüssig- gegenüber einer Gewebebiopsie liegt darin, dass es auch dann Ergebnisse gibt, wenn zu wenig einer Gewebeprobe vorhanden ist oder diese nicht risikolos gewonnen werden kann. Für den Patienten ist eine Blutabnahme zudem wesentlich weniger unangenehm als eine Gewebebiopsie.

Überwachungspotenzial

Flüssigbiopsien besitzen insbesondere auch großes Potential in der Überwachung einer Krebserkrankung. „Tumore verändern sich im Krankheitsverlauf und können dadurch Resistenzen gegenüber der ursprünglich gewählten Therapie ausbilden“, berichtet Professor Thomas Decker von der Onkologie Ravensburg. „Durch die regelmäßige Untersuchung von Flüssigbiopsien erhöht sich die Chance, neu entstandene Resistenzen zu erkennen und gegebenenfalls die Therapie den laufenden Veränderungen des Tumorgenoms anpassen zu können“, ergänzt Decker.

Der Nachweis tumorspezifischer Genveränderungen im Blut gleicht jedoch der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen, da der größte Anteil der DNA einer Flüssigbiopsie nicht vom Tumor, sondern von gesunden Zellen stammt. „Dies gelingt nur durch optimierte Methoden der DNA-Gewinnung und durch den Einsatz besonders effizienter Analysemethoden, wie dem Next Generation Sequencing“, erklärt Mündlein.

Noch in den Anfängen

Der Einsatz von Flüssigbiopsien für die Tumorgenomanalyse und die dadurch erreichbare Vorhersage des Therapieansprechens für die klinische Routine steht noch am Anfang und wird zurzeit bis auf Ausnahmen nur in klinischen Studien angewandt. „Ziel unseres Projektes ist, genetische Analysen anhand von Flüssigbiopsien auch in unserer Region für die breite, klinische Versorgung zugänglich zu machen“, betont Mündlein. In einer ersten Projektphase sollen Patienten mit metastasiertem Brust-, Lungen- oder Darmkrebs eingeschlossen werden.

Das äußerst ambitionierte Vorhaben wird in Kooperation mit dem Landeskrankenhaus Feldkirch, den Fachkliniken Wangen, der Onkologie Ravensburg, der internistischen Gemeinschaftspraxis Oettle und Mayer in Friedrichshafen sowie der Pathologie Ravensburg-Kaufbeuren umgesetzt und durch die Europäische Union und den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Rahmen des Interreg-V-Programms „Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein“ finanziell unterstützt.

„Ziel unseres Projektes ist, genetische Analysen anhand von Flüssigbiopsien auch in unserer Region für die breite, klinische Versorgung zugänglich zu machen.“

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