Comeback der Hormontherapie
Nach 60 Jahren an Hoch und Tiefs in der Behandlung von Wechselbeschwerden mit Frauenhormonen scheint die Sache nun endgültig geklärt zu sein. Forscher der Harvard Medical School haben die Gesamtsterblichkeit der riesigen amerikanischen Studie aus den 1990er-Jahren mit über 27.000 Frauen nach 18 Beobachtungsjahren ausgewertet. Die Frauen wurden nach dem Zufallsprinzip je zur Hälfte in die Hormontherapie-Gruppen (5 bzw. 7 Jahre Behandlung) oder Placebo-Gruppen zugewiesen. Die Gesamtsterblichkeit zeigt keinen Unterschied. Wie die Erstautorin JoAnn Manson betont, ist die Gesamtmortalität das aussagekräftigste Kriterium für eine Beurteilung einer Studie. Manson gehört ohne Zweifel zu den angesehensten Frauengesundheitsforscherinnen weltweit.
Aus heutiger Sicht wurde die Hormontherapie damals mit ungünstigen künstlichen Hormonen, die auch noch zu hoch dosiert wurden, durchgeführt. 95 Prozent der Frauen hatten gar keine Wechselbeschwerden, und sie waren mit durchschnittlich 63 Jahren viel zu alt für eine Hormontherapie. Nur 3,5 Prozent der Frauen waren in einem Alter von 50 bis 54 Jahren, in dem bei uns bevorzugt Hormontherapie angeboten wird. Es gab noch einige weitere Fehler in der Studie, auf die von europäischer Seite immer wieder hingewiesen wurde. Trotz dieser ungünstigen Umstände jetzt dieses überraschend gute Ergebnis, dass die Hormontherapie zu keiner Verschlechterung der Lebenserwartung führt. Im wissenschaftlichen Wettstreit um die Hormontherapie im Wechsel hat sich die europäische Position bestätigt, und es fällt den Amerikanern deutlich schwer und mit Verzögerung, das anzuerkennen.
Dieses neutrale Mortalitätsergebnis betrifft auch Krebs-, Herzkreislauf- und andere schwerwiegende Erkrankungen. Europäische Studien, vor allem aus Frankreich, mit natürlichen niedriger dosierten Hormonen haben deutlich bessere Ergebnisse gebracht, werden jedoch auf der anderen Seite des Atlantiks skeptisch betrachtet. Aber immer mehr führende amerikanische Wissenschaftler haben sich zu einer positiven Einstellung durchgerungen: Frauen mit Einschränkungen ihrer Lebensqualität auf Grund von Wechselbeschwerden sollen natürliche Östrogene und Gelbkörperhormon angeboten erhalten.
Die Erfolge und Misserfolge der Östrogentherapie mit und ohne Gelbkörperhormon haben uns sehr viel gelehrt und können bei Bedarf die Vorteile einer sicheren Hormontherapie nutzen. Die besten Erfolge erzielt man mit bioidentem „Östradiol“, das über die Haut verabreicht wird. Bioidentes Progesteron, das leider über die Haut in Studien eine unsichere Resorption und damit ein Risiko zeigt, kann geschluckt oder in die Scheide, wo es gut resorbiert wird, eingeführt werden. Die Dosierung richtet sich nach dem subjektiven Therapierfolg, eine Dosisreduktion soll immer wieder angestrebt, bzw. nach Bedarf angepasst werden. Die Therapiedauer soll auf 5 bis 10 Jahre begrenzt und mit 60 Jahren endgültig beendet werden.
„Die Hormontherapie ist rehabilitiert und kann wieder angeboten werden.“
Hans Concin
hans.concin@vn.at
Prim. a. D. Dr. Hans Concin, Präsident aks Verein
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