Sportlich trotz Raucherlunge

Ganzkörper-Vibrationstraining zeigte bei Patienten gute Erfolge.
Innsbruck Power Plate gilt seit einiger Zeit als der Renner in Fitnessstudios. Mithilfe einer Vibrationsplatte, auf der die Übungen erfolgen, werden durch Schwingungen Muskelreflexe ausgelöst und dadurch die Muskulatur trainiert. Nun hat eine besondere Form dieser Muskelaktivierung als Ganzkörper-Vibrationstraining Einzug in die Medizin gehalten: COPD-Patienten, die auf Grund ihrer Erkrankung nicht in der Lage sind, einen Alltagssport auszuüben, ja mitunter nicht einmal kurze Wegstrecken zu Fuß zurückzulegen, können mit dieser Methode „sporteln“, ohne außer Atem zu kommen. Selbst bei bettlägerigen Patienten kann diese neue Trainingsmethode erfolgreich angewandt werden. Im Rahmen der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) in Innsbruck wurden die Ergebnisse mehrerer Studien vorgestellt, die den Erfolg dieser neuen Therapieform in der Praxis auch wissenschaftlich untermauern.
Vielfältiger Profit
Diese Trainingsform wurde ursprünglich in der russischen Raumfahrt entwickelt, um den degenerativen Effekten der Schwerelosigkeit auf Muskeln und Knochenstrukturen entgegenzuwirken. Und dieses Prinzip ist nun wieder in der Medizin angekommen: Untersuchungen bei teils schwerkranken Patienten, die an chronisch obstruktiver Lungenerkrankung leiden, kurz COPD oder Raucherlunge genannt, zeigen, dass diese Patienten auf vielfältige Weise von einem speziellen Ganzkörper-Vibrationstraining profitieren können. Univ. Prof. Andreas Rembert Koczulla vom Universitätsklinikum Marburg stellte auf der ÖGP-Jahrestagung die Trainingsmethode und die neuesten Ergebnisse vor.
Während bei einigen Geräten wie etwa der Power Plate die Vibration in der Summe eher von oben nach unten gerichtet ist, handelt es sich bei dem häufig in der Wissenschaft verwendeten Galileo-Gerät um eine Muskelaktivierung, die durch die seitenalternierende Bewegung der Standplatte ausgelöst wird. Das heißt, die Platte bewegt sich nach oben und unten, was als Vibration wahrgenommen werden kann und löst über die Muskelspindeln einen Dehnreflex mit anschließender Muskelkontraktion aus. Damit wird, physiologisch gesehen, ein Gehen simuliert. Durch eine Veränderung der Fuß- und Körperstellung können auch Beckenboden- und Körperstammmuskulatur unterschiedlich aktiviert werden. Arm- und Schultermuskulatur können zusätzlich mit einer speziellen Vibrationshantel trainiert werden. Koczulla: „Wichtig ist eine fachkundige Einweisung und Anleitung.“
Gute Akzeptanz
Um die Effektivität in der Praxis auch wissenschaftlich abzusichern, führten die Wissenschaftler um Koczulla diverse Studien durch. „Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das zusätzliche oder alleinige Training eine Summe von Vorteilen bringt: Die Gehstrecke der Patienten konnte deutlich verbessert werden, das mehrmalige Aufstehen und Setzen erfolgte schneller als bei Vergleichsgruppen, die krankheitsbedingten Veränderungen der Muskulatur konnten quantitativ und qualitativ verbessert werden, die Muskelkraft und auch die subjektiv empfundene Lebensqualität konnte erhöht werden. Diese Beobachtungen und Messungen ließen sich auch biologisch abbilden“, erläuterte Koczulla. Es konnte eine Abnahme verschiedener Entzündungsparameter sowie eine Erhöhung von Muskel-Aktivitätsparametern nachgewiesen werden.
Koczulla: „Zurzeit laufen groß angelegt multizentrische Studien, die uns weitere Ergebnisse dazu bringen sollen.“ Wegen der guten Akzeptanz bei den Patienten und der Kürze der Trainingsphasen bei nachgewiesener Effektivität werde das Vibrationstraining in Zukunft ein wichtiger Bestandteil in den Therapie-Konzepten der COPD sein. Allerdings müsse diese Therapie – genauso wie herkömmlicher Sport – ein Leben lang fortgesetzt werden.
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.