Wenn der Körper plötzlich anschwillt

Lymphödeme sind ein unterschätztes Leiden. Kongress in Dornbirn.
Dornbirn Es ist ein fragiles Gefäßsystem, das sich durch unseren Körper windet. Und doch muss es Schwerstarbeit leisten. Denn die Lymphe sorgen dafür, dass abgestorbene Zellen abtransportiert werden. „Sie sind quasi unsere Müllabfuhr“, bekräftigt Alfred Kögl, Landesleiter der Österreichischen Lymphliga, die Bedeutung dieses Drainagesystems, das parallel zu den Venen verläuft. Allerdings können Operationen, Bestrahlungen sowie Verletzungen und Entzündungen die Lymphe so stark beeinträchtigen, dass sie nicht mehr in der Lage sind, die im Gewebe anfallenden Stoffe abzutransportieren. Es kommt zur Ablagerung von eiweißreicher Flüssigkeit und in der Folge zu einem Anschwellen der Haut, auch bekannt als Lymphödem. „Eine frühzeitige Behandlung dieser chronischen Erkrankung ist wichtig, weil es sonst zu einer Schädigung des gesamten Systems kommt“, erklärt Kögl. Die Therapie erster Wahl sind Lymphdrainagen. Aber auch Bandagen und Bewegung sind wichtige Bestandteile. Zu diesem Themenkomplex ist am 4. November 2017 erstmals die Österreichische Lymphliga (ÖLL) mit ihrem Jahreskongress in Vorarlberg zu Gast. Die Veranstaltung richtet sich an Betroffene, Ärzte und Therapeuten.
Unterstützung für Betroffene
Alfred Kögl ist Heilmasseur in Lustenau. Durch ein Praktikum in einer onkologischen Klinik in Scheidegg kam er zu jener Arbeit, die ihn heute beschäftigt. „Ich habe gesehen, wie Patienten leiden, wenn sie nach einem Eingriff nicht adäquat behandelt werden“, schildert er den Grund, der ihn dazu brachte, sich auf das Lymphsystem zu spezialisieren und die Führung des Landesverbandes der ÖLL zu übernehmen. „Wir unterstützen Patienten, damit sie zur richtigen Therapie kommen, informieren die Öffentlichkeit über Entstehung und Ursachen von Lymphödemen und sorgen dafür, dass die Kostenübernahme einer Behandlung durch die Kassen gesichert ist“, listet Kögl die wichtigsten Ziele auf. Was die Rückerstattung durch die Vorarlberger Gebietskrankenkasse betrifft, stellt ihr Alfred Kögl ein gutes Zeugnis aus. „Unsere Patienten erhalten am meisten refundiert.“
Bei der Krankheit selbst wird zwischen primären und sekundären Lymphödemen unterschieden. Ein primäres Ödem kann plötzlich auftreten, etwa, wenn die Lymphkanäle verklebt sind. Es gibt aber auch angeborene funktionelle Fehlbildungen des Lymphgefäßsystems. Sekundäre Lymphödeme entstehen häufig nach Operationen, beispielsweise in Zusammenhang mit Brust- oder Prostatakrebs.
Frühzeitige Behandlung
Da Ödeme meist chronifizieren, sollte laut Kögl frühzeitig mit Lymphdrainage begonnen werden, um Folgewirkungen, die sich in einem Rückstau des Blutflusses und Schmerzen manifestieren, zu vermeiden. Auch durch Bestrahlung kollabieren viele Lymphgefäße. Krampfadern oder ein schwaches Venensystem gelten ebenfalls als Risikofaktoren. Lipödeme zählen ebenso zu diesem Themenkreis. Dabei handelt es sich um Fettablagerungen, die den Körper unförmig anschwellen lassen, aber kaum behandelbar sind. Ihnen will die ÖLL-Landesliga im Frühjahr einen Schwerpunkt widmen.
Beim Lymphödem unterscheidet die Medizin verschiedene Stadien. Ist es nur latent vorhanden, lässt es sich sehr schwer erkennen. Im Stadium 1 kann sich ein Lymphödem spontan zurückbilden. Im Stadium 2 ist es nicht mehr reversibel. Da helfen dann nur noch regelmäßige Lymphdrainagen, Bandagen und Bewegungstherapie. Bei allem legt Alfred Kögl großen Wert auf Therapietreue. „Jeder Patient muss auch aktiv zur Gesundung beitragen“, lautet seine Devise. Mehr Kenntnis zur Lymphologie würde er sich auch von den Ärzten wünschen. Derzeit sieht die Ausbildung lediglich eine Stunde zu diesem Thema vor. „Das ist viel zu wenig“, kritisiert Kögl. Auch im Land gibt es kaum Lymphologen. Umso mehr hofft er beim Kongress in Dornbirn auf einen regen Austausch. VN-MM
„Auch jeder Patient muss aktiv zu seiner Gesundung beitragen.“

Jahreskongress der
Österreichischen Lymphliga
Termin: 4. November 2017,
WIFI Dornbirn, 8.30 bis 17 Uhr
Anmeldungen: www.lymphoedem.at oder www.koegl-massage.at
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