Nikotinsucht vorbeugen
Was sich derzeit in Österreich abspielt ist aus vorsorgemedizinischer Sicht skandalös, inkonsequent und kontraproduktiv. Da wurde im April 2015 ein Rauchverbot in Lokalen für 2018 beschlossen, damit die Gastwirte genügend Zeit haben, ihre Aschenbecher wegzuräumen. Im März 2017 einigen sich die Jugendreferenten der Bundesländer, das Alterslimit für den Kauf von Zigaretten ab Mitte 2018 auf 18 Jahre zu erhöhen. Sie folgten damit einem Vorschlag der ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin. Auf internationalen Gesundheitskongressen musste man sich bis dato als österreichischer Arzt regelrecht genieren. Mit großer Verzögerung schien endlich der Makel Österreichs, beim Rauchen europaweites Schlusslicht zu sein, überwunden. Und jetzt diese fatale Diskussion, die überfällige Vorhaben in Frage stellt.
Internationale Vorbilder zeigen eindrücklich, dass die Anhebung des Alterslimits die Entwicklung einer Nikotinsucht sehr deutlich reduziert. Auch ist schon lange bekannt, dass Jugendliche wesentlich rascher und intensiver süchtig werden als Erwachsene, es heißt daher, hier in erster Linie den Hebel anzusetzen. Die besten Chancen, einer Nikotinsucht vorzubeugen, hat man bei Teenagern, bevor sie mit dem Rauchen beginnen. Dazu sind bei den künftigen Müttern und Vätern viele Maßnahmen geeignet. Eine öffentliche Diskussion, längst überfällige dringende Maßnahmen auszusetzen, ist verantwortungslos, völlig ungeeignet und in ihrer Wirkung katastrophal.
Es hat viel zu lang gedauert, bis man durchschaut hat, dass Studien manipuliert wurden, um das Suchtpotential von Rauchen zu verniedlichen. Wir wissen heute, dass, gemessen an der Anzahl der Süchtigen und Dauer der Sucht, keine zweite Droge diese Ausbreitung erreicht. Unter anderem kann man die Macht der Nikotinsucht in Spitälern beobachten, wo sich Schwerkranke und frisch Operierte mit erstaunlichen Kräften für eine Zigarette ins Freie schleppen. Die zivilisierte Welt hat schon längst deutlich reagiert, man muss nicht nach USA gehen, um die Erfolge zu sehen, es genügt ein kleiner Blick über den Tellerrand.
Es geht nicht „nur“ um Gesundheit: Bei der Nikotinsucht geht es schon von Anfang an um Lebensqualität. Studien belegen, dass Rauchabbrecher sich wohler fühlen und eine bessere Lebensqualität haben als Gleichaltrige, die weiterrauchen. Die Spätfolgen des Rauchens sind sattsam bekannt und treffen ziemlich brutal die Hälfte der Süchtigen.
Beim aktiven und passiven Rauchen ist Vorbeugen die beste Therapie. Im kommunikativsten Nationalratswahlkampf aller Zeiten habe zumindest ich nicht mitbekommen, dass längst überfällige wichtige Entscheidungen wieder diskutiert werden sollen.
„Rauchen ist der gefährlichste Einzelfaktor für die Gesundheit.“
Hans Concin
hans.concin@vn.at
Prim. a. D. Dr. Hans Concin, Präsident aks Verein
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