Billiges Gemüse und teurer Zucker

Gesund / 14.12.2017 • 19:21 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Gemüse und Obst sollten im Sinne der Gesundheit billiger werden, meinen Ernährungsfachleute.vn/steurer
Gemüse und Obst sollten im Sinne der Gesundheit billiger werden, meinen Ernährungsfachleute.vn/steurer

Ernährungsexperten würden darin eine gute Verhaltensprävention sehen.

Bregenz Die Zuckersteuer: Sie ist ein ewiges Thema im Kampf gegen das steigende Übergewicht und daraus resultierenden Folgeerkrankungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Manche Länder haben sie eingeführt und wieder abgeschafft, wie etwa Finnland und Dänemark. Mexiko wiederum setzt darauf, offenbar mit Erfolg, denn der Konsum von Softdrinks reduzierte sich. Ungarn, Frankreich und Großbritannien wollen diesem Beispiel im kommenden Jahr folgen. Österreich steht der Zuckersteuer noch skeptisch gegenüber. „Dabei wäre sie eine gute Maßnahme zur Verhaltensprävention“, ist aks-Diätologin Sibylle Leis überzeugt. Die Zuckersteuer politisch durchzusetzen werde jedoch schwierig. Dabei gebe es genug Gründe für eine Umsetzung.

Übergewicht und Adipositas

In erster Linie sind es Übergewicht, Karies und Diabetes, die durch Zucker verursacht werden. „Schon heute sind weltweit fast 50 Prozent der Erwachsenen und 42 Millionen Kinder unter fünf Jahren übergewichtig oder adipös“, verdeutlicht Sibylle Leis. In Österreich trifft das auf 41 Prozent der Erwachsenen zu, wobei Männer häufiger zu dick sind als Frauen. Vorarlberg schneidet im Vergleich zu den anderen Bundesländern zumindest ein bisschen besser ab.

Lebensmittelkennzeichnung

Bereits 2016 empfahl die Weltgesundheitsorganisation (WHO), zuckerhaltige Lebensmittel stärker zu besteuern und dafür Obst und Gemüse deutlich zu entlasten. Ein von der Universität Hamburg errechnetes Modell bestätigte, dass eine größtmögliche Preisdifferenz sehr wohl etwas nützen würde. Eine Verbilligung von Obst und Gemüse käme laut Leis auch sozial schwächeren Familien zugute. Doch bislang blieben Vorstöße dieser Art mehr oder minder erfolglos. Die Lebensmittelindustrie argumentiert mit der Lebensmittelkennzeichnung. „Für Verbraucher ist es jedoch oft schwierig, diese Kennzeichnung zu lesen“, weiß Sibylle Leis aus Gesprächen mit ihren Klienten, bei denen sie im Moment nur Aufklärung betreiben kann.

Fehleinschätzung

Derzeit liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Zucker in Österreich bei 35 Kilo pro Jahr. „Das sind im Durchschnitt 70 Gramm pro Tag“, rechnet die Diätologin vor. Damit wird die tägliche Zuckerzufuhr deutlich überschritten. Die Empfehlung der WHO liegt bei maximal 50 Gramm freiem Zucker pro Tag für Erwachsene, das entspricht zehn Teelöffeln. Für noch sinnvoller hält sie die Reduktion auf fünf Teelöffel täglich. Unter freiem Zucker versteht die WHO sämtliche Zuckerarten, also auch Fruktose, Glucose und Sirup. „Diese Zuckerarten werden vom Verbraucher oft nicht als Zucker erkannt und für gesund gehalten“, warnt Sibylle Leis vor einer Fehleinschätzung.

Wenigstens ein bisschen positiv stimmt die Ernährungsexpertin, dass die Lebensmittelproduzenten vermehrt damit beginnen, ihre Produkte kritisch zu beleuchten, um sie dann entsprechend zu optimieren. Was diese Maßnahmen bewirken, lässt sich allerdings noch nicht einschätzen, weil Erfahrungswerte fehlen. Bleibt also weiterhin nur, einen guten Umgang mit der Süße zu finden. VN-MM