Hans Concin

Kommentar

Hans Concin

IQ und EQ in der Medizin

Gesund / 23.02.2018 • 08:02 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Ergeben die schlausten Studenten, gemessen an standardisierten Testergebnissen und wissenschaftlichen Noten, wirklich die besten Ärzte?

Jeder von uns wünscht sich im Krankheitsfall den besten Arzt. Er soll hervorragende diagnostische Fähigkeiten besitzen, einschließlich der optimalen Nutzung von Labortests und bildgebender Verfahren, und dann die exakte Diagnose stellen. Darauf basierend erwarten wir auch einen optimalen Therapievorschlag. Diese Fähigkeiten haben in erster Linie mit Intelligenz, aktiver Fortbildung und Fleiß zu tun. Aus dieser Perspektive erscheint eine Aufnahmeprüfung zum Medizinstudium durchaus sinnvoll. Moderne Medizin nähert sich immer mehr einer Naturwissenschaft mit massenhaft differenzierten Erkenntnissen und sehr vielen daraus differenziert abzuleitenden Maßnahmen, deren Bewältigung eine Herausforderung an die Intelligenz und das Engagement bedeutet.

Nach dem Studium sind für die akademische Karriere in der Medizin wissenschaftliche Veröffentlichungen besonders wichtig. Diese von der Wissenschaftsgemeinde anerkannten Publikationen sind heute einfach messbar und im Internet für alle transparent einsehbar (www.pubmed.com). Mit dieser Entwicklung wurde in der Vergangenheit vor allem im Führungsbereich medizinischer Einrichtungen die allgemeine Intelligenz überbetont und die Bedeutung der emotionalen Intelligenz unterbewertet. Außer Diskussion steht, dass ein Arzt das nötige Wissen und die Fertigkeiten haben muss, um richtig zu handeln. Ohne diese solide Basis ist eine hohe emotionale Intelligenz wertlos. Zunächst müssen Diagnose und Therapie auf einem sicheren Fundament stehen, erst dann kann emotionale Intelligenz segensreich für den Patienten wirken und nicht umgekehrt.

Eine besondere Bedeutung hat die emotionale Intelligenz für Führungskräfte in der Medizin. Teamarbeit wird in den Spitälern immer wichtiger, nicht nur unter den Fachärzten der unterschiedlichen Disziplinen, sondern auch mit allen im Spital aktiven Berufsgruppen, von den Rettungsdiensten bis zur Pflege und zu den Hebammen, von der Verwaltung bis zu den Technikern, von der Hygiene bis zur Raumpflegerin und vielen anderen mehr. Ohne eine gute emotionale Intelligenz können Führungskräfte in einem derart komplexen System, das eine gut funktionierende Teamarbeit voraussetzt, keine optimalen Lösungen zum Wohle der Patienten finden.

Auch Ärzte in der freien Praxis sind immer weniger Einzelkämpfer. Nur in der multiprofessionellen Zusammenarbeit kann heute die Arbeit qualitativ und quantitativ gut bewältigt werden. Die Zusammenarbeit mit völlig unterschiedlichen Institutionen erfordert neben dem „handwerklichen Know-how“ viel Empathie und Verständnis.

„Die Bedeutung der emotionalen Intelligenz in der Medizin wurde in der Vergangenheit unterbewertet.“

Hans Concin

hans.concin@vn.at

Prim. a. D. Dr. Hans Concin, Präsident aks Verein

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