Marlies Mohr

Kommentar

Marlies Mohr

Ein Licht im Tunnel

Gesund / 02.03.2018 • 08:32 Uhr / 2 Minuten Lesezeit

„Ich möchte nicht in Sibirien leben“, ächzte mein Begleiter, als wir dieser Tage einmal abends mit dem Rad durch die gefühlt zu Eis erstarrte Dunkelheit strampelten. Es war tatsächlich höchst ungemütlich. Die Kälte brannte auf der Haut, und die Zehen schickten sich an, trotz dicker Socken kribbelig zu werden. Aber so oder so: Ich möchte auch nicht in Sibirien wohnen, ungeachtet von Minusgraden im Winter und Mücken im Sommer. Mir gefällt, wo ich bin. Es heißt ja nicht umsonst, dass man sich dort am wohlsten fühlt, wo man geboren und aufgewachsen ist und es einen letztlich immer wieder dorthin zurückzieht. Wenn schon nicht physisch, dann zumindest gedanklich.

Die Realität hat uns aber auch anderes gelehrt. Viele können gar nicht dort bleiben, wo sie Heimat haben oder spüren. Krieg, Elend, Vertreibung, Hungersnöte und anderes Unbill zwingen sie, aus ihrem angestammten Lebensraum zu fliehen und sich irgendwo eine neue Existenz aufzubauen. Doch das ist für diese Menschen oft schwierig, weil sie aus einem völlig anderen Kulturkreis stammen. Und es verwundert nicht, dass viele die Hoffnung auf eine Rückkehr in sich tragen wie einen Stern, der sie durch den Tunnel leiten soll. Sibirien ist weit weg, und die Kälte hat sich auch schon wieder verabschiedet. Geflüchtete Menschen bleiben lange. Wir, die wir hier gut und gerne leben, können ihnen ein bisschen Licht sein auf dem Weg durch den Tunnel. Ob Minus- oder Plusgrade spielt dabei keine Rolle.  

Marlies Mohr

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