Sich auf Farben und Papier einlassen

Die Aktion Demenz bietet mit mobilem Malort ein ganz spezielles Angebot.
Au Das Pflegeheim St. Josef in Au geht seit Herbst bunte, ungewöhnliche Wege. Wenn Susanne Covi mit ihrem mobilen Malort anreist, Farben, Pinsel und große Papiere auspackt und eine liebevolle Umgebung vorbereitet, ist der Nachmittag gerettet. „Zuerst heißt es immer: Ich kann nicht malen“, berichtet Susanne Covi, Erziehungswissenschaftlerin und Maltherapeutin. „Aber mit der Zeit sitzen alle konzentriert an den Bildern und es wird ganz ruhig im Raum.“
Gemeinsam mit der Aktion Demenz bietet sie einen mobilen Malort im Pflegeheim an, um Menschen mit Demenz, aber auch alle anderen Bewohner und Bewohnerinnen dazu anzuregen, sich auf Farben und Papier einzulassen. Sie sind zwischen 80 und 100 Jahre alt, und weil sie teilweise nicht mehr gut zu Fuß sind, hat Susanne Covi den kurzfristig aufgeschlagenen Malort angepasst. Es wird im Sitzen gemalt, sie reicht die Farben zum Platz und tut alles, was im Malort sonst auch geschieht.
Heilsame Wirkung
Damit dem Ausdruck der inneren Bilder nichts entgegenwirkt, ist die Maltherapeutin dazu da, Farben herzurichten, Papier zu wechseln, Pinsel auszuwaschen und alles bereitzustellen. So können sich die Malenden ungestört auf einen Prozess einlassen, der laut zahlreicher Studien auf die menschliche Psyche heilsam wirkt. Susanne Covi kennt das aus der Praxis, sie malt seit vielen Jahren mit Kindern mit Fluchterfahrung. „Die Bilder zeigen eindrücklich, wie Kinder verarbeiten, was sie nicht in Worte fassen können“, berichtet sie. „Wichtig ist es, dass das Gemalte nicht kommentiert wird, und dass es danach verschwindet. Sie müssen diese Bilder nicht mehr mit nach Hause nehmen, sondern dürfen sie „zurücklassen“. Sie arbeiten sich die schrecklichen Erfahrungen Schicht für Schicht von der Seele. Mit der Zeit verändern sich oft Farben und Ausdruck, und das Kind wird allmählich freier und selbstsicherer.“
Viele Menschen über 80 haben selbst Kriegserfahrungen gemacht und sind im hohen Alter, wenn eine Demenz dazukommt noch verstärkt, mit diesen Erinnerungen allein. Das Malen kann helfen, Schwieriges zu verarbeiten, es kann aber auch einfach nur Freude machen. Was sich zeigen will, kommt aufs Papier, wird nicht bewertet und nicht präsentiert.
Stille Freude und Zufriedenheit
Es geht mehr um einen inneren Prozess als um das Schaffen von „schönen“ Bildern. „In unserer Gegend ist es tief verankert, etwas selbstgemachtes gleich zu bewerten“, sagt Susanne Covi und versucht zu erläutern, was in so einer Stunde jenseits der Kommentare spürbar wird: die stille Freude, die Konzentration, die manchmal bis zu einer Stunde lang dauert, auch wenn das kaum jemand für möglich hält. Die Zufriedenheit, von der das Pflegepersonal berichtet, die den ganzen Tag da ist und die Nächte ruhiger macht. „Alles läuft langsam ab, und manchmal brauchen wir Unterstützung vom Pflegepersonal, wenn jemand auf die Toilette muss, aber normalerweise sind wir ganz auf uns gestellt. Menschen mit oder ohne Demenz malen konzentriert miteinander, und selbst eine Dame mit einem schmerzenden Arm ließ es sich nicht nehmen, den Nachmittag bei uns am Tisch zu verbringen und einfach dabei zu sein.“
Ausbaufähiges Angebot
Susanne Covi und die Aktion Demenz Hinterwald bieten diesen ganz speziellen mobilen Malort auch für andere Häuser an und sind überzeugt, dass sich dieses Angebot noch ausbauen lässt. Ähnliche Malort-Angebote gibt es auch in anderen Modellgemeinden der Aktion Demenz.
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