Erstens nicht schaden …(1/2)
Ein seit 2000 Jahren anerkanntes Prinzip in der Medizin ist die Empfehlung von Scribonius Largus, Arzt am Hof von Kaiser Tiberius Claudius in Rom, dass medizinische Handlungen: „Erstens nicht schaden sollen, zweitens soll der Arzt achtsam sein und (erst) an dritte Stelle steht das Heilen“. Warum hat dieser weise Arzt das Heilen erst an die dritte Stelle gesetzt? Ich denke, diese Empfehlung ist auch heute noch aktuell, weil alles, was wirkt, auch schaden kann. Das Vermeiden von Schäden und die Aufklärungspflicht vor jeder medizinischen Behandlung sind grundsätzlich verpflichtend und gut akzeptiert. Das Achtsam-Sein, wir würden es heute einen empathischen Umgang mit den Patienten nennen, leidet leider immer wieder unter dem Zeitdruck, dem Ärzte und Pflege ausgesetzt sind.
Gelten diese 2000 Jahre alten Regeln von Scribonius Largus auch für Gesunde und die Vorsorgemedizin: Nicht schaden, achtsam sein, heilen? Ich meine, diese klugen Weisungen gelten im Umgang mit Gesunden ganz besonders und noch viel mehr als bei Kranken, die von uns Hilfe erwarten. Vorsorgemaßnahmen wie Impfungen und Gesundenuntersuchungen können Leben retten, Unheil abwenden und helfen, die Lebensqualität bis ins hohe Alter zu erhalten. Auf allen Gebieten der Präventivmedizin hat Vorarlberg eine große Tradition mit vorbildlichen positiven Erfahrungen. Ein gesunder Lebensstil mit entsprechender Ernährung, Stillen, Bewegung, Rauchfreiheit, Impfungen, Unfallverhütung, geistigen und spirituellen Aktivitäten hilft, nebenwirkungsfrei Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Lebensqualität zu erhalten und reduziert auch deutlich das Krebsrisiko.
Wie verhält es sich mit dem „Erstens nicht schaden, zweitens achtsam sein“ bei Vorsorgeuntersuchungen? Bei Blutdruck-, Blutzucker- und anderen Messungen sehe ich die Empfehlungen grundsätzlich gut eingehalten. Über Grenzwerte für den Blutdruck und anderer Befunde kann man diskutieren und Strategien bei Bedarf anpassen. Schwieriger wird es bei der Krebsvorsorge. Eine einmal gestellte Krebsdiagnose belastet den Patienten lebenslänglich. Von 100 Krebserkrankungen, die uns treffen können, sind nur zwei für eine echte Vorsorge geeignet: Das Entstehen von Gebärmutterhals- und der Dickdarmkrebs kann durch eine Impfung und Screeninguntersuchungen mit nachfolgender Behandlung verhindert werden. Von allen anderen Krebserkrankungen können bestenfalls einige wenige in einem frühen Stadium entdeckt und erfolgreich behandelt werden.
„Krebsfrüherkennung kann Leben retten und Therapien weniger aggressiv gestalten. Aber es gibt auch Nachteile, die neulich erkannt wurden.“
Hans Concin
hans.concin@vn.at
Prim. a. D. Dr. Hans Concin, Präsident aks Verein
Kommentar