Fetzen und Flicken
„Bist du jetzt auch auf den Fetzenlook gekommen?“, fragte mich unlängst eine Bekannte mit süffisantem Unterton in der Stimme. Fehlte nur noch der Zusatz: „Und das in deinem Alter.“ Doch den verkniff sie sich. Wohlweislich oder warum auch immer. „Das fällt nicht unter Fetzenlook, sondern, wenn schon, höchstens unter Flickenlook“, hielt ich dagegen. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Jeans, die, löcherig wie sie sind, beim Angreifen fast auseinanderfallen, zieren meine Hose nur angedeutete Flicken. Gut, am Saum gibt es noch ein paar Glitzerstreifen, aber solche, meine ich, dürfen sein. Ein bisschen Pepp in der Kleidung schadet zu keiner Zeit. Grau und langweilig wird’s noch früh genug.
Also, da standen wir nun und diskutierten über Fetzen und Flicken. „Zumindest habe ich eine ganze Hose für mein Geld bekommen“, stichelte ich mit Blick auf ihre, die zwei Risse in Höhe der Knie aufwies. Und dann kam sie doch noch, die schadenfrohe Bemerkung: „Ich bin ja auch ein bisschen jünger wie du und kann das tragen.“ Was das Alte betrifft, konnte ich nicht widersprechen, beim anderen hätte es durchaus Anmerkungsbedarf gegeben. Aber was hätte es gebracht, die Debatte weiter zu befeuern. Nichts, außer irgendwann vielleicht böse Worte. Soll doch jeder nach seiner eigenen modischen Fasson glücklich werden. Ob in Fetzen oder Flicken.
Marlies Mohr
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