Therapie hinter zwölf Tonnen Stahl

Die Strahlentherapie ist wichtiger Bestandteil einer Krebsbehandlung.
feldkirch Wie lässt sich eine Therapie erklären, deren anschaulichstes Instrument ein Monstrum von Gerät ist? Primar Alexander De Vries, Leiter der Strahlenabteilung im Landeskrankenhaus Feldkirch, hatte die passende Antwort auf diese Frage. Er nahm die vielen MedKonkret-Besucher mit auf einen Rundgang durch seine Station, in dem er alle Schritte von der Aufnahme bis zur Entlassung erklärte. Zu Beginn des Vortrags verdeutlichte er, dass die Strahlenbehandlung wie ein Mosaik zu verstehen ist, in dem alle Teile ihre ureigenste Bedeutung haben. Ebenso hob De Vries die moralischen Ansprüche hervor, zu denen unter anderem Kompetenz im (Be)Handeln sowie die Ehrfurcht vor dem Menschen zählen.
Keine Wartezeiten
Dann ging es hinein in die Thematik. Jeder einzelne Fall wird in einem sogenannten Tumorboard besprochen. Dabei treffen sich alle in die Behandlung involvierten medizinischen Fächer und diskutieren mögliche Therapieoptionen. Bestrahlt werden kann vor einer Operation, zum Beispiel bei Enddarmkrebs, während einer OP, etwa bei Brustkrebs, oder die Bestrahlung erfolgt anstelle eines Eingriffs, was bei Prostata- und Kehlkopfkrebs oft der Fall ist. Bestrahlungen vor oder während der OP können die Prognose laut Alexander De Vries deutlich verbessern. Großer Wert wird auf eine zeitnahe Therapie gelegt. „Kein Patient soll länger als 15 Tage warten müssen“, beschrieb De Vries seinen Grundsatz. Jede Zeitverzögerung kann sich negativ auf die Heilungschancen auswirken. Diesbezüglich stellte der Bundesrechnungshof der Strahlenabteilung in Feldkirch im vergangenen Jahr ein gutes Zeugnis aus.
Die Behandlung beginnt mit einem Erstgespräch mit dem Arzt, der während der gesamten Zeit an der Seite des Patienten bleibt. Nach der Untersuchung wird der Patient über die Therapieziele sowie den Ablauf der Therapie informiert. Diese findet in speziell abgeschirmten Räumlichkeiten hinter einer zwölf Tonnen schweren Tür statt. Alexander De Vries beruhigte: „Es gibt Kameras und eine Gegensprechanlage. Sollte etwas sein, sind wir sofort zur Stelle.“ Er zerstreute auch oft gehegte Befürchtungen, wonach Patienten anschließend keinen Kontakt mit anderen haben dürfen. „Sie können lächeln, aber sie strahlen nicht mehr“, merkte er humorig an. Die Gefahr von Hautverbrennungen ist aufgrund modernster Techniken ebenfalls kaum mehr gegeben. Sehr wohl kann jedoch ein sogenannter Strahlenkater mit Übelkeit und Abgeschlagenheit auftreten. Doch der sei auch eher selten.
Der Abteilungsleiter wies zudem auf die engmaschigen Qualitätskontrollen hin, die bei den im Strahleneinsatz stehenden Linearbeschleunigern durchgeführt werden. Überprüfungen finden täglich, wöchentlich, monatlich, vierteljährlich sowie jährlich statt. Damit ist die erforderliche Genauigkeit bei der Bestrahlung garantiert. Die Areale werden auf Basis von CT- und MRT-Bildern präzise eingezeichnet, was mitunter stundenlang dauert. Dort, und nur dort sollen die Strahlen wirken. Umliegendes Gewebe soll verschont bleiben. Weiters wird jeder Behandlungsplan vor der Bestrahlung kontrolliert. Gleiches gilt während der Therapie. Zudem erhalten die Patienten psychoonkologische Hilfe, Ernährungsberatung und Musiktherapie. Etwa 95 Prozent der Bestrahlungen erfolgen ambulant.
Der Vortrag kann unter gesundheit.vol.at
nachgesehen werden.
Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.