„Ich fühle mich so leer“

Gesund / 24.05.2019 • 09:31 Uhr / 3 Minuten Lesezeit

Wie man Depressionen bei Kindern erkennen und was helfen kann.

Bregenz Anja ist 14, Einzelkind, besucht die Realschule, ihre Eltern sind verheiratet. Mit zwölf zeigt Anja erstmals selbstverletzendes Verhalten. Sie ritzt sich an Armen, Beinen, Bauch. „Ich bin doof wie Scheiße“, sagt das Mädchen über sich selbst. Sie hält sich für hässlich, fühlt sich wertlos und verkriecht sich am liebsten den ganzen Tag im Bett. Anja zählt zu den 450.000 Kindern und Jugendlichen in Deutschland, die an einer Depression leiden. In Österreich sind laut dem Kinderpsychologen und Depressionsforscher Stefan Lüttke etwa 50.000 Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre betroffen. Noch viel zu oft würde die Krankheit bei den jüngsten Betroffenen übersehen, erläuterte Lüttke im Rahmen der Vortragsreihe „Wertvolle Kinder“ des Vorarlberger Kinderdorfs.

Drei Hauptsymptome

Wie lässt sich eine Depression im Kinder- und Jugendalter aber überhaupt erkennen? Wesentliche Symptome sind laut Lüttke eine depressive Stimmung, Niedergeschlagenheit und Traurigkeit. „Ich fühle mich einfach leer, so als ob ich nicht mehr leben könnte“, sagt zum Beispiel die 15-jährige Laura, die oft weinen muss und nicht weiß warum. Der Verlust von Interessen, Hobbys und Freundschaften sowie außergewöhnliche Müdigkeit und Energielosigkeit sind weitere Merkmale. Zu den Nebensymptomen zählen mangelndes Selbstbewusstsein und ein Gefühl der Wertlosigkeit. „Die Kinder bezeichnen sich als Idiot, Versager, Dummkopf, haben einen ausgeprägt negativen Denkstil“, erzählt der Therapeut aus seiner Praxis. „Sie sind von unbegründeten Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen geplagt.“ Weitere Nebensymptome seien Unentschlossenheit („Es fehlt die Fähigkeit, sich zu konzentrieren, banalste Dinge werden zum Problem“) sowie eine große Unruhe und ein gehemmtes Auftreten, wie eine verlangsamte Sprache, Schlafstörungen, Appetitverlust oder gesteigerter Appetit verbunden mit großer Gewichtsab- oder zunahme, Suizidgedanken und Lebensmüdigkeit. All diese Symptome würden sich je nach Alter in unterschiedlicher Ausprägung zeigen. Genaues Beobachten sei wichtig, rät Lüttke Eltern, deren Kind in eine Depression gerutscht ist. Darüber hinaus gelte es, nicht in Aktionismus zu verfallen, Ruhe zu bewahren, über sich selbst nachzudenken, Schuldgefühle zu überwinden und so rasch wie möglich Hilfe zu suchen.

Der nächste Wertvolle-Kinder-Vortrag findet am 12. Juni statt: „Wenn nichts mehr ist wie es war“ von Univ.-Prof. Dr. Barbara Juen.

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