Verzicht
Die Fastenzeit nähert sich, wieder einmal. 40 Tage Verzicht, nur: Worauf verzichten wir diesmal? Auf das Gläschen Wein am Abend? Auf die Tüte Chips zum Fußballspiel? Auf die Schokolade nach dem Mittagessen? Es gibt so vieles, das der Mensch nicht brauchen würde, aber: alles da, da, da, und wir greifen zu. Konsum passiert achtlos und leichtfertig. Ist es deshalb wichtig, dass Menschen einen Anlass oder Anker nötig haben, um bewusst innehalten zu können, oder sollten wir uns nicht vielmehr die Frage stellen, warum nicht einfach freiwillig verzichten? Egal wann und zu welcher Jahreszeit? Vielleicht, weil es normal geworden ist, sich, mit was auch immer zu belohnen und es dann leichter fällt, sich für eine gewisse Zeit in Verzicht zu üben.
Dabei stellt der Verzicht im Kleinen eine viel größere Herausforderung dar als einer mit Ablaufdatum, denn danach kann es ja in der gleichen Tonart weitergehen. Wer hingegen im Alltag verzichtet, muss sich irgendwie ständig neu überwinden. Könnte ich nicht doch . . .
und dafür morgen . . . oder nächste Woche . . . die Versuchung ist stets gegenwärtig. Doch standhaft bleiben lohnt sich, denn die Freude darüber, ihr stets aufs Neue ein Schnippchen schlagen zu können, wächst mit jedem Mal. Abgesehen davon ist alles, worauf heute verzichtet wird, morgen oder übermorgen oder in einem Monat auch noch da. Das Bewusstsein dafür wird jedoch ein anderes sein.
Marlies Mohr
marlies.mohr@vn.at
05572 501-385