Mehr Wunsch als Wirklichkeit

Gesund / 01.05.2020 • 09:43 Uhr / 2 Minuten Lesezeit

Das Coronavirus hat unser Leben geschrumpft wie heißes Wasser einen Wollpullover. Ganz plötzlich und von einem Tag auf den anderen. Gerüchte, wonach in Wirtschaft und Gesellschaft die Rollbalken niedergehen könnten, verbreiteten sich in Windeseile und sie gipfelten in Klopapier- und Hefehamsterkäufen. Ein Phänomen, das zu Ausnahmezeiten gehört wie das Amen in der Kirche, tauchte ebenfalls ziemlich schnell auf. Irgendwie jeder fühlte sich bemüßigt, uns zu verklickern, dass in jeder Krise eine Chance steckt. Sie kennen den Spruch sicher auch. Ich konnte ihn schon nach den ersten Sagern nicht mehr hören. Warum? Weil er im Grunde mehr Wunsch als Wirklichkeit ist. Sind wir ehrlich, müssen wir zugeben, dass die Menschheit aus kaum einer Krise gelernt hat. Sonst müsste es rund um den Globus doch eigentlich schon längst Frieden und Verteilungsgerechtigkeit geben. Aber davon sind wir bekanntermaßen immer noch Lichtjahre entfernt und werden es vermutlich noch genau so lange bleiben.

Die Coronapandemie führte uns die Diskrepanz zwischen Sein und Schein deutlich vor Augen. Nicht einmal die EU, das Friedensprojekt schlechthin, konnte sich auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Brennt der Hut, ist sich jeder selbst der Nächste. In Abwandlung eines Kinderspielreims könnte man sagen: Grenzen zu, und raus bist du . . . Bleibt also, wie so oft, nur die Hoffnung, dass sich wenigstens die im Kleinen entstandene Solidarität fortpflanzt und dieser Samen aufgeht, auch dann, wenn das Leben wieder Alltag ist.

Sind wir ehrlich, dann müssen wir zugeben, dass die Menschheit aus kaum einer Krise etwas gelernt hat.

Marlies Mohr

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