MedKonkret: Mit Gelenksersatz schnell wieder mobil

Gesund / 16.05.2020 • 15:00 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Primar René El Attal (r.) und OA Andreas Berger vom LKH Feldkirch informierten. <span class="copyright">VN/Rauch</span>
Primar René El Attal (r.) und OA Andreas Berger vom LKH Feldkirch informierten. VN/Rauch

Ein neues Behandlungsmanagement macht es möglich.

Feldkirch Rapid Recovery beschreibt einen neuen Behandlungspfad bei Gelenksersatzoperationen und Frakturen, den die Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie im Landeskrankenhaus Feldkirch in den vergangenen Monaten erfolgreich implementiert hat. Hinter dem Begriff steht das medizinische Bemühen, die Patienten wieder schnell auf die Beine zu bringen. “Das bedeutet weniger Stress für den Körper, eine kürzere stationäre Aufenthaltsdauer, und eine Reha ist in vielen Fällen auch nicht zwingend nötig”, erläuterte Primar René El Attal im Rahmen eines digitalen “MedKonkret” die Vorteile der über lange Jahre weiterentwickelten Methode. So konnte etwa die Zeit im Krankenhaus von ursprünglich 7 bis 12 Tagen auf 2 bis 5 Tage gesenkt werden. “Eine frühere Entlassung ist aber nicht das Ziel, sondern die Folge der optimierten Behandlung”, ergänzte OA Andreas Berger.

Das wird auch durch die mit über 90 Prozent sehr hohe Patientenzufriedenheit bestätigt. Doch nicht nur bei Gelenksersätzen kommt dieses Behandlungsmanagement zum Einsatz. Betagte Menschen mit Hüftfrakturen, die inzwischen 40 Prozent des Patientenaufkommens ausmachen, profitieren ebenfalls davon, weil mit einer schnelleren Behandlung und Mobilisation einer Verschlechterung des Allgemeinzustandes wirksam begegnet werden kann, wie Primar El Attal erklärte.

Vertrauen in die Prothese

Als wichtig bezeichneten die Ärzte eine gründliche Information des Patienten, dessen Mitarbeit gefordert ist, sowie eine ebensolche Untersuchung. Differentialdiagnose nennt sich das, denn: “Knie- und Hüftschmerzen können auch andere Ursachen haben”, erläuterte Andreas Berger. Die Behandlung selbst fußt auf einer optimierten Narkose, wobei der OP-Bereich lokal betäubt wird, um Blutungen und Schwellungen zu minimieren, einem Schmerz- und Physiotherapiemanagement sowie der Mobilisation bereits wenige Stunden nach dem Eingriff. Der Patient soll rasch Vertrauen in die Prothese bekommen. Auch auf Drainagen und häufigen Verbandswechsel wird verzichtet. Zudem gibt es Entlassungskriterien. Laut El Attal sind die meist nach fünf Tagen erreicht.

Ein großes Portfolio an Implantaten gewährleistet, dass jeder Patient die passende Prothese bekommt. “Es muss auch über die Erwartungen des Patienten gesprochen werden”, betonte Berger. Aus der Nichterfüllung resultiere nämlich ein hoher Unzufriedenheitsfaktor.

Der gesamte Vortrag kann auf vol.at nachgesehen werden.

Fragen der Zuseher

Wann kann mit einer Wiederaufnahme eines geregelten OP-Betriebs gerechnet werden?

El Atall: Wir haben leider immer noch Coronazeit und deshalb erst am 4. Mai wieder mit reduzierten Kapazitäten begonnen, geplante Eingriffe durchzuführen. Jetzt sind wir daran, die Wartelisten abzuarbeiten, wobei wir auch Priorisierungen durchführen müssen.  Dazu kommt, dass unsere Spezialambulanzen noch nicht freigegeben sind. Wir hoffen aber, ab Juni mit einer reduzierten Menge an Patienten beginnen können. Neue Patienten müssen allerdings mit Wartezeiten von drei Monaten rechnen.  

Ich bin 70 Jahre alt und leide seit einigen Monaten an einem Einriss an der linken Hüfte. Das ist sehr schmerzhaft, meine Ärztin meint jedoch, aufgrund meines Alters ist keine OP mehr möglich.

Berger: Das Alter ist überhaupt kein Ausschlusskriterium für eine Operation, wenn der Patient ansonsten robust und gesund ist.

Ich bin 33 und leide an einer starken Hüftarthrose. Mein Arzt sagt allerdings, ich soll mit einem Gelenksersatz noch warten.

Berger: Dem kann ich nicht zustimmen. Mit 33 steht man in der Blüte seines Lebens, ist beruflich und privat noch aktiv. Bei jungen Patienten mit Gelenksersatz braucht es engmaschige Kontrollen, und es kann sein, dass Verschleißteile gewechselt werden müssen.

Wie weiß ich, wann der richtige Zeitpunkt für eine OP ist?

El Attal: Das ist individuell, aber als Faustregel lässt sich sagen: Bestehen an fünf Tagen in der Woche Schmerzen, braucht der Patient regelmäßig Schmerzmittel, ist er im Alltag stark eingeschränkt, und kann er in der Nacht nicht schlafen, ist der richtige Zeitpunkt gekommen.

Wie lange hält eine Hüftgelenksprothese, wenn ich mit 40 operiert werde?

Berger: In diesem Alter ist auf jeden Fall mit einer Revision zu rechnen.

Meine Hüfte quietscht, was soll ich tun?

Berger: Es gibt tatsächlich solche Quietschphänomene. Das sollte genau abgeklärt werden.

Wie lange hält ein Kniegelenk?

El Attal: Das ist immer auch abhängig vom Alter und dem Aktivitätsgrad, aber der Mittelwert liegt bei 20 Jahren.

Wird auch in Dornbirn nach dieser Methode gearbeitet?

El Attal: Diesen detaillierten Behandlungspfad gibt es momentan nur in Feldkirch.

Wie sieht es mit der Endoprothetik bei der Schulter aus?

El Attal: Da hat sich auch sehr viel getan. Sie wird auch bei uns angeboten.

Gibt es bei endoprothetischen Eingriffen ein Gewichtslimit?

Berger: An sich nicht, aber bei einem BMI über 30 oder 35 sind die Risiken etwa für Wundinfektionen, Thrombosen oder Implantatverschleiß höher. Darüber muss der Patient aufgeklärt werden.

Ab wann gibt es wieder Behandlungstermine?

El Attal: Im Moment können wir keine Termine für die Spezialsprechstunden vergeben. Patienten müssen sich noch bis Anfang Juni gedulden, dann sollten wir mehr wissen.

Wie kann ich meine Gelenke möglichst lange gesund erhalten?

E Attal: Sehr wichtig ist Bewegung mit Sportarten, die wenig gelenksbelastend sind, zum Beispiel Walken, Radfahren, Schwimmen und Wandern mit Stöcken.  Es empfiehlt sich auch, keine schweren Rucksäcke zu tragen. Auch die Gewichtsreduktion ist eine extrem wichtige Prävention. Die Ernährung sollte gesund und ausgewogen sein. Es braucht keine speziellen Präparate. Deren Wirkung ist zudem nicht ausreichend belegt.

Wie lange dauert es nach einer Knie-OP, bis ich den Gelenksersatz nicht mehr merke?

El Attal: Beim Knie dauert es sechs bis zwölf Monate, bei der Hüfte bis zu drei Monaten.

Kann ich mit einer Schulterprothese meinen Beruf als Gärtner noch ausüben?

El Attal: Maximale Belastungen auf das Schultergelenk sind nicht gut, und eine Schulterprothese ist eigentlich nicht für einen schwerarbeitenden Menschen gedacht.

Braucht es für die Orthopädie eine Überweisung des Hausarztes?

El Attal: In der Regel ist eine Überweisung erforderlich. Geht das aus irgendeinem Grund nicht, kann auch telefonisch ein Termin vereinbart werden.