Im Notfall schnell zur Stelle

Für Notarzt Christian Flaig ist jeder Einsatz eine Herausforderung.
BLUDENZ Es gibt Einsätze, die ein Notarzt nicht so schnell vergisst, wie etwa jener vor vier Jahren beim Amoklauf in Nenzing. „Nachdem der Notruf eingegangen war, musste ich in kürzester Zeit sehr komplexe Entscheidungen treffen. Um die Situation nicht zusätzlich eskalieren zu lassen, gab ich die Anweisung, kein Blaulicht und kein Folgehorn zu verwenden. Vor Ort waren ebenfalls schnelle Entschlüsse vonnöten, und dies immer im Bewusstsein der Gefahr, in der sich mein Team befand, da immer noch geschossen wurde“, erinnert sich Christian Flaig, Notarzt am Landeskrankenhaus Bludenz.
Prägende Erfahrungen
Nicht alle Fälle sind so dramatisch, aber jeder Notfall bedeutet eine Krisensituation für den Patienten. „Als Notfallmediziner muss man mit Ruhe und Besonnenheit agieren. Gerade bei Herzinfarkt- und Schlaganfallpatienten wird dadurch Stress reduziert. Empathie ist eine Grundvoraussetzung für den Beruf eines Arztes“, betont der Notfallmediziner. Seit Oktober 1993 ist Christian Flaig hauptberuflich als Notarzt am Landeskrankenhaus Bludenz angestellt, damals war dies eine Novität.
„Eigentlich wollte ich Kinderarzt werden. Ich habe während meiner Ausbildung viele Nachtdienste auf der Kinderonkologie gemacht. Das waren sehr prägende Erfahrungen“, erzählt er. Schlussendlich hat er sich aber doch für die Notfallmedizin entschieden, denn: „Sie bedeutet eine ständige Herausforderung. Jeder Patient ist anders, die Situation unterschiedlich. Vielfach herrschen auch sehr beengte Bedingungen, wenn beispielsweise ein Patient in einem Auto eingeklemmt wurde oder ein Herzpatient in einem engen Badezimmer intubiert werden muss.“
Demut bei Einsätzen
Auch nach über zehntausend Einsätzen sowohl im bodengebundenen Rettungsdienst als auch mit Hubschrauber ist ihm ein individueller Zugang zu den Menschen wichtig: „Vor jeder kritischen Entscheidung stelle ich mir vor, dass der Patient ein Angehöriger wäre. Ich denke aber auch, dass es bei unseren Einsätzen eine gewisse Demut braucht. Wir müssen als Notfallmediziner nicht immer alles aufbieten, was wir können. Ist es absehbar, dass ein Patient kaum noch Überlebenschancen hat, ist eine invasiv-medizinische Betreuung nicht mehr sinnvoll.“ Flaig wünscht sich, dass Menschen dann zu Hause sterben dürfen. Die Einbeziehung der Angehörigen ist ihm wichtig: „Abschiede sollen in Würde geschehen können. Dafür nehmen wir uns Zeit“, betont Christian Flaig.
Eine besondere Situation stellen immer aufs Neue Kindernotfälle dar: „Ich war in sechs Fällen von plötzlichem Kindstod dabei. Da bin ich mit den Eltern in Tränen ausgebrochen, es ging nicht anders.“ Seinen Beruf bezeichnet er als Berufung. Der Mediziner übt ihn mit Fachkenntnis, Erfahrung und Leidenschaft aus. BI
„Abschiede sollen in Würde geschehen können. Auch dafür nehmen wir uns Zeit.“
