Marlies Mohr

Kommentar

Marlies Mohr

Besonders

Gesund / 03.07.2020 • 09:26 Uhr / 2 Minuten Lesezeit

Die Tragetasche aus Papier stand am Rand des Gehsteigs. Sie sah befüllt aus. Immer wieder einmal bin ich bei meinen Spaziergängen mit dem Hund daran vorbeigekommen. Die Frage, was sie wohl enthalten könnte, beantwortete schließlich der große Regen. Zerfleddert lag die Tasche am Tag danach auf der Straße, die Fetzen nur zusammengehalten von ein paar aufgeweichten Büchern. Den Buchdeckeln nach zu urteilen schienen es ältere Exemplare zu sein. Vielleicht erinnern auch Sie sich noch an die Bücher mit der fein ziselierten Schrift auf dem Deckel. Meist golden, weil das nach ein bisschen Mehr aussah in einer Zeit, in der es nicht viel gab und sich Gold so schön von den Farben abhob, in denen diese Bücher erhältlich waren. Grün, schwarz, blau, weiß, burgunderrot: Auch bei uns zu Hause standen solche Allerweltsdruckwerke herum. Niemand brachte es übers Herz, sie auszusortieren. Bis der Haushalt endgültig aufgelöst werden musste.

Ich tu‘ mir immer noch schwer, Bücher wegzugeben, vor allem jene, die so wunderbar fest in der Hand liegen, deren Worte buchstäblich noch Gewicht haben. Komme ich auf meinem Weg durch das Haus am Bücherregal vorbei, bleibe ich manchmal stehen, ziehe ein Buch heraus und schmökere ein bisschen darin. Jeder Titel trägt Erinnerungen mit sich. Es sind schöne, denn Bücher waren in meiner Jugendzeit immer ein ganz besonderes Geschenk. Sie wie beliebigen Müll zu entsorgen und auf der Straße verrotten zu lassen, tut mir schon deshalb in der Seele weh. Es gibt genug andere Möglichkeiten. Nützen Sie die. Da können Sie sogar noch Gutes tun.

Marlies Mohr

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