Die Sprache als Brücke zum Nächsten

Gesund / 03.07.2020 • 09:27 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Melanie Beiter weiß, wie eine gute Kommunikation funktionieren kann.bi
Melanie Beiter weiß, wie eine gute Kommunikation funktionieren kann.bi

Für Melanie Beiter ist jede Form der Kommunikation wichtig.

THÜRINGEN Das gesprochene Wort ist nur ein Teil des täglich praktizierten Kommunikationsgeschehens, rund neunzig Prozent der Aussagen werden laut Studien nonverbal vermittelt. Melanie Beiter hat sich schon früh für diese Themenfelder interessiert. Als Betreuerin in der Caritas Werkstätte in Bludenz setzte sie sich einen besonderen Schwerpunkt, und das aus ebenso besonderem Grund.

„Gerade Klienten, die mit schwierigen Lebensumständen zurechtkommen müssen, benötigen eine andere Form des Zugangs. Aus diesem Wissen heraus habe ich die österreichische Gebärdensprache erlernt, wobei in unserer täglichen Handzeichen-Runde vor allem die vereinfachte Form ‚Schau durch meine Hände‘ zur Anwendung kommt”, erzählt sie. Alle Menschen mit Beeinträchtigung, die in der Werkstätte betreut werden, nehmen an diesen Handzeichen-Runden teil. „Es geht um ein gemeinsames Miteinander, die Teilnehmer sind von den intellektuellen Anforderungen her ganz bunt gemischt. Aber im Grunde genommen lernt jeder etwas dabei“, erklärt die Kommunikationsexpertin.

Individuelle Bedürfnisse

Sprachen haben sie immer schon fasziniert. Nach einer Ausbildung an der Fachschule für Sozialbetreuungsberufe in Bregenz folgte eine Cambridge-Ausbildung in Kinderpflege in London: „So konnte ich zwei Fachgebiete mit einander verknüpfen: Englisch lernen und neue Impulse zur Kinderbetreuung gewinnen. Diese Erfahrung des konzentrierten Lernens hat mich geprägt. Ich habe mich dann laufend an der Fachhochschule Dornbirn und beim WIFI weitergebildet.“ Ihr Spezialgebiet als Multiplikatorin für unterstützte Kommunikation erläutert sie fachkundig. Begriffe wie „Modelling“ erklärt sie anschaulich: „Modelling wird in der unterstützten Kommunikation verwendet, weil dadurch individuell auf die Bedürfnisse jedes Klienten eingegangen werden kann. In diesem Konzept werden mehrere Sinnebenen miteinander verknüpft, wie der Seh-, Gehör-, Tast- und Riechsinn. Auch elektronische Geräte wie ein sprachlicher Taster werden eingesetzt und sorgen für eine akustische Wiedergabe des Gezeigten oder Gesprochenen.“

Ausdrucksfähigkeit

Viele Menschen mit Beeinträchtigung können durch das Erlernen von Handzeichen ihre Bedürfnisse besser ausdrücken. „Auch bei Demenz- und Alzheimerpatienten bleibt die Ausdrucksfähigkeit mittels Gestik oftmals bis zum Schluss erhalten, während die Sprachfähigkeit schon viel früher versiegt“, sieht Melanie Beiter weitere Anwendungsmöglichkeiten. Sie kommuniziert mit ihren Klienten in vereinfachten Sätzen, betont jede Silbe genau und reduziert die Sprachgeschwindigkeit: „Unsere Klienten befinden sich vielfach in einer prekären Situation. Wenn sie sich nicht ausdrücken können oder missverstanden fühlen, steigert sich das Gefühl des Ausgeschlossenseins, Aggressionen können entstehen, die für das Umfeld selbst aber meist unerklärlich sind.“

Auch für sie persönlich sei die Auseinandersetzung mit Sprache ein permanenter Lernprozess: „Es braucht vor allem Geduld und Eigenreflektion, damit ein Kommunikationsprozess gelingen kann. Unsere Klienten zwingen uns dazu, genauer hinzuschauen und aufmerksam zuzuhören. In unserer schnelllebigen Zeit sind dies wertvolle Eigenschaften!“ BI

Zur Person

MELANIE BEITER

Geburtstag 5. Jänner 1988

Familie freut sich auf ihr erstes Kind

Wohnort Thüringen

Hobbys Sprachen, andere Kulturen, Reisen, Weiterbildung, Familie