Marlies Mohr

Kommentar

Marlies Mohr

Treten Sie ein!

Gesund / 10.07.2020 • 10:52 Uhr / 2 Minuten Lesezeit

Es war wieder einer jener Sommermorgen, die ich so liebe. Ein bisschen kühl vielleicht für die Jahreszeit und irgendwie schon an den Herbst gemahnend, aber in edler Schönheit geboren. Nicht nur ich war unterwegs. Auch eine ältere Dame nutzte offenbar die Frische des neuen Tages. Auf einen Rollator gestützt, spazierte sie die Straße entlang und lächelte mich freundlich an. „Ein schönes Tier“, sagte sie und deutete auf meinen Hund. Ich nickte. Mit einem Hund im Schlepptau kommt man meistens ziemlich schnell mit anderen Leuten ins Gespräch und kennt oft nach zehn Minuten schon ihre halbe Lebensgeschichte. Auch die Seniorin plauderte spontan wie aus einem Guss.

Ich höre solchen Menschen gerne zu, weil ihre Erzählungen oft so unaufgeregt ausfallen. Mit dem Alter haben sie, allem Anschein nach, einen neutraleren Blick auf ihr Dasein bekommen, können die Verwerfungen, die es gab, milder beurteilen. Sie sind dem Leben nicht mehr gram, obwohl viele von ihnen vermutlich allen Grund dazu hätten. Zufriedenheit ist ein hohes Gut, es zu erreichen oft schwierig, besonders, wenn der Fluss des Lebens zum reißenden Strom wird, wie das viele in den vergangenen Wochen erleben mussten. Dabei könnte gerade in solchen Zeiten ein innerer Anker hilfreich sein. Dafür reicht schon eine kleine Zufriedenheit. Ernst Ferstl, ein österreichischer Lehrer und Schriftsteller, prägte den Satz: „Zufriedenheit ist ein stiller Garten, in dem man sich ausruhen kann.“ Dieser Garten ist immer und jederzeit geöffnet. Treten Sie ein!

Marlies Mohr

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