Babyglück aus der Petrischale

Bleibt der Nachwuchs zu lange aus, kann die Reproduktionsmedizin möglicherweise helfen.
Feldkirch Das Sprichwort „Eltern werden ist nicht schwer“ hat schon längst seine Gültigkeit verloren. Immer mehr Paare bemühen sich umsonst, auf natürlichem Weg ein Kind zu zeugen. Oberarzt Norbert Loacker, Leiter des Kinderwunschzentrums im LKH Feldkirch, gab den Anteil mit 12 bis 15 Prozent an. „Tendenz leicht steigend.“ In solchen Fällen kann die Reproduktionsmedizin ein Ausweg sein. Eine künstliche Befruchtung kann laut dem Experten in Betracht gezogen werden, wenn sich nach ein bis zwei Jahren ungeschütztem Geschlechtsverkehr immer noch kein Nachwuchs einstellen will. Bei einer künstlichen Befruchtung werden Ei- und Samenzelle außerhalb des Körpers zusammengeführt, so die technische Erklärung des Vorgangs. Dennoch vermag er viele Paare glücklich zu machen, wie das Bild einer Familie zeigte, das Loacker an das Ende seines Med Konkret-Vortrags stellte. Vier Kinder, und alle wurden im Labor des Kinderwunschzentrums gezeugt. „Jetzt ist die Familienplanung abgeschlossen“, ließen die stolzen Eltern das Team, verbunden mit einem großen Dankeschön, wissen.
Vielfältige Ursachen
Die Ursachen für ungewollte Kinderlosigkeit liegen zu fast gleichen Teilen bei der Frau und beim Mann. Beim Mann können Spermienreifung und -transport gestört sein, bei der Frau sind es beschädigte Eileiter, Störung der Eizellreifung, Fehlbildungen der Gebärmutter, Endometriosen oder Hormonstörungen, die eine Schwangerschaft verhindern. Zudem spielt laut Norbert Loacker auch der Lebensstil eine Rolle. Rauchen Alkohol und Essverhalten lassen sich mit dem Kinderwunsch mitunter nur schwer vereinbaren. Die Reproduktionsmedizin kann mit verschiedenen Methoden helfen. Die bekanntesten sind die In vitro Fertilisation (IVF) sowie ICSI. Dabei wird ein ausgewähltes Spermium direkt in die Eizelle übertragen. Diese Methode kommt zur Anwendung, wenn mehrere Versuche gescheitert sind.
Keine Einschränkung im Alltag
Anhand von grafischen Darstellungen erläuterte der Kinderwunschspezialist den Vorgang einer künstlichen Befruchtung vom Erstgespräch bis zur Eizellentnahme und dem Rücktransfer in die Gebärmutter der Frau. „Die Behandlung wird gut toleriert. Einschränkungen im Alltag sind nicht gegeben“, betonte Oberarzt Loacker. Die Entnahme der Eizellen beschrieb er ebenfalls als schmerzfrei. Sie wird ambulant durchgeführt. Anschließend geht es im Labor zu Werke. Was dort erforderlich ist, um das Babyglück aus der Petrischale auf den Weg zu bringen, erläuterte Julia Zimmermann, die das Labor im Kinderwunschzentrum leitet. Es geht darum, die besten Ei- und Samenzellen zu vereinigen. Bei der klassischen IVF finden sich Ei- und Samenzellen in einer Schale ohne Zutun, bei ICSI muss nachgeholfen werden. Zwei bis fünf Tage nach der Befruchtung kann der Transfer in die Gebärmutter erfolgen, zwei Wochen später der erste Schwangerschaftstest. Ist er Versuch erfolgreich, wird die werdende Mutter von ihrem niedergelassenen Gynäkologen weiterbetreut. Restliche Embryonen werden eingefroren.
Weiterhin verboten bleibt das sogenannte „Social Egg Freezing“. Eizellen dürfen nur dann eingefroren werden, wenn eine medizinische Indikation vorliegt, etwa eine Krebserkrankung. Ebenfalls nicht erlaubt ist unter anderem die Leihmutterschaft.
Zuseherfragen
Wie kommt es zum Erstgespräch? Wird eine Überweisung benötigt?
Loacker Es braucht keine Überweisung. Paare können sich direkt an uns wenden.
Was ist vor dem Erstgespräch an Untersuchungen durchzuführen?
Loacker Wie im Vortrag erklärt, werden die erforderlichen Untersuchungen auch bei uns durchgeführt. Sind bereits Unterlagen vorhanden, können diese natürlich zum Erstgespräch mitgebracht werden. Auf jeden Fall hilfreich ist, wenn die rechtlichen Voraussetzungen im Vorfeld geklärt sind. Informationen dazu finden sich auf unserer Webseite.
Wie lange dauert es vom Erstgespräch bis zum ersten Versuch?
Loacker Das hängt vom Zyklus der Frau ab. Üblicherweise vergehen etwa zwei Monate. Wenden sich Paare beispielsweise jetzt noch an uns, wird es Februar oder März, bis die Behandlung beginnt.
Wie viel Zeit lässt man zwischen den Versuchen verstreichen, wenn es nicht klappt?
Loacker Es sollte mindestens ein Zyklus dazwischenliegen, damit sich die Frau körperlich seelisch wieder stabilisieren kann. Es belastet schon, wenn es nicht funktioniert.
Wie lange muss ich mit PCO-Syndrom probieren schwanger zu werden, bevor ich über eine künstliche Befruchtung nachdenken kann?
Loacker Ein PCO-Syndrom heißt nicht, dass die Frau nicht auf natürlichem Weg schwanger werden kann. Sollte es noch zu keiner Schwangerschaft gekommen sein, sollte nach ein bis zwei Jahren über eine künstliche Befruchtung nachgedacht werden. Das hängt aber auch vom Alter der Frau ab.
Wie ist der Zusammenhang zwischen einer Schilddrüsen-Dysfunktion und einem unerfüllten Kinderwunsch?
Loacker Eine Schilddrüsenunter- oder –überfunktion kann ein wichtiger Grund sein, dass es zu keiner Eizellreifung kommt. Dann geht es darum, die Werte gut einzustellen, und dann ist auch eine Schwangerschaft auf natürlichem Weg möglich.
Welche Rolle spielt die Psyche bei unerfülltem Kinderwunsch?
Loacker Sie spielt eine sehr große Rolle. Wir arbeiten deshalb mit einer speziell ausgebildeten Psychologin zusammen. Sie begleitet die Paare auch in die Behandlung. Das bewirkt sehr viel. Wir bekommen einen besseren Zugang zum Paar, und die Behandlung funktioniert ebenfalls besser.