Glaukom und Corona

Augenärzte appellieren, Kontrolluntersuchungen wahrzunehmen.
Wien Das Glaukom ist eine schwere Erkrankung des Sehnervs und in Österreich die zweithäufigste Erblindungsursache. Sie verläuft schmerzlos und lange Zeit auch ohne andere merkbare Symptome. Meist wird sie erst im Zuge anderer Augenuntersuchungen entdeckt. Nun schlagen Österreichs Experten Alarm: Wegen der Coronakrise verzichten viele Menschen auf den Besuch beim Augenarzt und gefährden dadurch ihr Sehvermögen. In Österreich sind über 80.000 Menschen von einem Glaukom betroffen, ein Großteil davon ahnt nichts von der Erkrankung. Nur mit der regelmäßigen Kontrolle durch den Augenarzt kann das Glaukom rechtzeitig erkannt werden.
Probleme ernst nehmen
In vielen Augenarztpraxen bekommt man derzeit schnell einen Termin. Was für den einzelnen Patienten erfreulich ist, bereitet den Augenärzten aber zunehmend Sorgen. Aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus verzichten viele Menschen auf den regelmäßigen Check beim Augenarzt. Univ.Prof. Michael Amon, Präsident der Österreichischen Ophthalmologischen Gesellschaft (ÖOG) dazu: „Wiewohl empfohlen wird, nicht unbedingt erforderliche Untersuchungen beim Arzt in Zeiten der Pandemie möglichst zu verschieben, sollten Probleme mit den Augen nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wir merken, dass seit Beginn der Coronakrise Patienten trotz auftretender Beschwerden in manchen Fällen erst sehr spät einen Augenarzt aufsuchen, da sie das Infektionsrisiko scheuen.“ Die Prognose bei einer Erkrankung ist aber umso besser, je früher der Augenarzt oder die Augenärztin aufgesucht werden, und im besten Fall kann eine Erkrankung kurzerhand ausgeschlossen werden. „Ich empfehle, die Untersuchung durch den Augenarzt auch ohne Beschwerden – genauso wie zum Beispiel die Vorsorgeuntersuchung – regelmäßig durchzuführen“, ergänzt Amon.
Gefäßveränderungen
Tatsächlich können von Covid-19 auch die Augen betroffen sein. Oberarzt Anton Hommer, Facharzt für Augenheilkunde und Optometrie und langjähriges Vorstandsmitglied der Europäischen Glaukomgesellschaft sowie Vorsitzender der Glaukom-Kommission der ÖOG erklärt: „Bei Covid-19-Patienten mit einem schweren Krankheitsverlauf beobachten wir auch Gefäßveränderungen und Gefäßschädigungen im Augenhintergrund, also dort, wo sich der Sehnervenkopf befindet. Gefäßschädigungen im Auge sind ein Faktor, der die Entstehung eines Glaukoms begünstigt. Die einzige gute Nachricht ist, dass wir bisher keine Sehverschlechterungen durch Covid-19 beobachtet haben.“
Ein indirektes Risiko
Covid-19 stellt zwar kein direktes Risiko für das Auftreten von Glaukom dar, ist allerdings indirekt ein Risiko für größere Glaukomschäden. Auch Univ. Prof. Clemens Vass, Leiter der Glaukomambulanz am AKH Wien warnt: „Da die Pandemie nun schon ein ganzes Jahr dauert, ist das Risiko für schwere Augenschäden leider erheblich. Eine Gefahr, die wir in diesem Zeitraum sehen ist, dass Patienten den Besuch beim Augenarzt aus Angst vor Ansteckung aufschieben. Somit riskieren sie eine zu späte Diagnosestellung und dauerhafte Sehschäden, da die einzige Chance auf zeitgerechte Diagnosestellung eines Glaukoms in der zufälligen Entdeckung der Krankheit bei einer augenärztlichen Untersuchung aus anderen Gründen liegt. Ich möchte nachdrücklich betonen, dass der Augenarztbesuch kein nennenswertes Risiko darstellt.“
Die Covidkrise ist auch für vermehrte Bindehautentzündungen und Gerstenkörner mitverantwortlich: „Dadurch, dass viele Menschen zu Hause arbeiten, kommen sie weniger oft an die frische Luft und sitzen oft noch länger als sonst vor dem Bildschirm. Das kann zu trockenen Augen und damit zu einer höheren Infektanfälligkeit, oft in Form einer Bindehautentzündung, am Auge führen“, ergänzt Anton Hommer.
Die Experten appellieren abschließend: „Schäden am Sehnerv, wie sie bei einem Glaukom auftreten, sind irreparabel. Nur wenn wir eine Erkrankung rechtzeitig feststellen, können wir sie behandeln und Folgeschäden begrenzen.“
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