Wie ein Billiggebiss zum Albtraum wurde

Gesund / 01.05.2021 • 09:00 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Wie ein Billiggebiss zum Albtraum wurde
Frederic Sakete wird Hüsne nun die erforderliche qualitätvolle Zahnbehandlung angedeihen lassen. EDELWEISS DENTISTRY

Die Behandlung in der Türkei erwies sich für eine junge Frau als schmerzhafter Flop.

Wolfurt Hüsne zieht einen kleinen Plastiksack aus ihrer Handtasche und nestelt das Papier auseinander, das sich in der Tüte befindet. Zum Vorschein kommen Implantate, auf denen sich schon Rost gebildet hat. Dabei sind die Gebissteile noch gar nicht so alt. 2019 ließ sich die 43-Jährige ihr insgesamt schlechtes Gebiss in einer türkischen Klinik erneuern. Doch die Freude an den neuen Zähnen währte nicht lange. Schon bald bekam Hüsne erste Probleme. Monatelang schlug sich die junge Frau mit Schmerzen herum. Jetzt hat sie sich entschieden, das desolate Gebiss bei einem Dentisten in Vorarlberg von Grund auf sanieren zu lassen. Ihre Geschichte möchte Hüsne erzählen, um Menschen dahingehend zu sensibilisieren, dass Zahnbehandlungen im Ausland gut überlegt sein wollen, weil bei einem unbefriedigenden Ergebnis oftmals niemand zur Verantwortung gezogen werden kann bzw. die Haftung übernimmt.

Kostengründe

Freunde empfahlen Hüsne das edelweiss Smile Center in Wolfurt. Dort hat sie Frederic Sakete unter seine Fittiche genommen. Röntgenbilder wurden bereits gemacht, jetzt geht es darum, einen Therapie- und Kostenplan zu erstellen. Die dreifache Mutter weiß, dass sie für diese Privatleistung jetzt deutlich tiefer in die Tasche greifen muss. Doch das ist es ihr wert. „Ich möchte die Behandlung so schnell wie möglich durchführen lassen“, sagt sie und berichtet von ständigen Schmerzen, die ihr die unsachgemäß eingebrachten Implantate und Kronen bereiten. Hüsne hatte das Angebot der türkischen Klinik aus Kostengründen angenommen. Das gibt sie freimütig zu. 30 bis 40 Prozent Ersparnis, das lockte. Zum ersten Termin war sie zwei Wochen vor Ort, dann noch einmal drei Wochen. Alles in allem bezahlte sie damals rund 6000 Euro.

Alle Facetten beachten

Das vermeintliche Schnäppchen wuchs sich allerdings bald zum Albtraum aus. „Nach zweieinhalb Monaten begann der Ärger“, erzählt Hüsne, die seit 23 Jahren in Österreich und seit sieben in Vorarlberg lebt. Implantate und Kronen lockerten sich und fielen ab, und es kam zu schmerzhaften Entzündungen. Als sich die Patientin deswegen telefonisch in der Klinik meldete, sei ihr gesagt worden, es handle sich um eine Unverträglichkeit ihrerseits. Sie solle noch einmal kommen, „dann machen wir etwas ganz Neues“. Doch Hüsne war gewarnt: „Ich wollte das nicht mehr.“ Damit war auch der anfänglich zugesagte Garantieanspruch obsolet geworden. „Unserer Einschätzung nach erfolgte diese Behandlung ziemlich unprofessionell“, sagt Frederic Sakete, der aber nicht alle im Ausland durchgeführten Zahnbehandlungen über einen Kamm scheren will. Patienten sollten nur alle Facetten beachten, und dazu zählen unter anderem Gewährleistung und Garantien.

Zahlreiche Beschwerden

Hüsne konsultierte auch Zahnärzte im Land, doch die lehnten eine Reparatur ab. Der Präsident der Zahnärztekammer, Gerhart Bachmann, bestätigt: „Das ist unsere Empfehlung. Wir können nicht die Gewährleistung für etwas übernehmen, was nicht in unseren Praxen gemacht wurde“, berichtet Bachmann von zahlreichen Beschwerdefällen, die sich vor allem auf Zahnbehandlungen in Ungarn und der Türkei beziehen. Notfälle hingegen sind eine Ausnahme. Da wird eingegriffen. Anders sieht die Sache außerdem aus, wenn ein Gebiss komplett neu gemacht wird, so wie es bei Hüsne nun der Fall ist. Gut fünf Monate wird es laut Frederic Sakete dauern, bis Unter- und Oberkiefer korrigiert sind und Hüsne wieder ein strahlendes Lächeln zeigen kann.

Diese Implantete, die zum Teil schon rosten, geben Zeugnis von einer unprofessionellen Arbeit.
Diese Implantete, die zum Teil schon rosten, geben Zeugnis von einer unprofessionellen Arbeit.

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