Das spielt sich in einem OP-Saal ab

Gesund / 21.05.2021 • 10:00 Uhr / 8 Minuten Lesezeit
Wolfgang Hofmann und Mirjam Burger im Gespräch mit VN-Redakteurin Marlies Mohr. <span class="copyright">VN</span>
Wolfgang Hofmann und Mirjam Burger im Gespräch mit VN-Redakteurin Marlies Mohr. VN

Med Konkret warf einen Blick hinter die Kulissen der OP-Spange.

Feldkirch Eine Operation, und sei sie noch so lebenswichtig, kann Angst auslösen. Ein virtueller Exkurs durch die OP-Spange am LKH Feldkirch und die mit einer Operation verbundenen strikten Abläufe sollen dazu beitragen, Ängste auszuräumen. „Es ist wie bei einer Flugreise. Sie checken ein und dann wieder aus“, fasste Primar Wolfgang Hofmann zusammen. Dazwischen liegen penibel genau einzuhaltende Vorgaben. Jede in einem OP-Saal tätige Berufsgruppe arbeitet nach einem genauen Schema, dessen Herzstück eine Checkliste ist, die im Sinne der Patientensicherheit vor, während und nach einem Eingriff gründlich abgearbeitet werden muss.

Im neuen OP-Zentrum, das zwölf OP-Säle umfasst, rund 60 Millionen Euro kostete und 2019 in den Vollbetrieb ging, werden jährlich rund 15.000 Eingriffe durchgeführt. Die operativen Fächer sind in drei Cluster gegliedert, in denen jeweils spezialisiertes Personal arbeitet. Operiert wird von 7 bis 16 Uhr. Da der Betrieb eines OP-Saales teuer ist, sollte es zu keinen Leerzeiten kommen. „Das erfordert eine gute Planung und Organisation“, erklärte Mirjam Burger, leitende OP-Schwester im Cluster 1. Gleichzeitig muss immer noch Platz für Notfälle sein.

In einem Operationssaal arbeiten Chirurgen, Anästhesisten, OP-Pflegepersonal sowie Versorgungspersonal. Letzteres ist für die Bereitstellung des benötigten Materials verantwortlich. Dem Chirurgen obliegt unter anderem die Wahl der OP-Methode, das Aufklärungsgespräch und die Durchführung des Eingriffs. „Dazu kommen noch die Anweisungen an die Pflege nach der OP“, erläuterte Primar Wolfgang Hofmann. „Dazwischen werden immer wieder die Parameter auf der Checkliste abgefragt“, führte der Gefäßchirurg aus. Zur OP-Crew gehören außerdem die Anästhesisten, welche den Patienten während des Eingriffs überwachen, die Instrumentare, die dafür sorgen, dass der Operateur das richtige Werkzeug schnell zur Hand hat, die OP-Assistenten und die Anästhesiepflege. Jeder weiß, was er zu tun hat. Mirjam Burger nannte auch das Reinigungspersonal, das rasch und effizient um jederzeit klinisch saubere OP-Räume bemüht ist.

Anhand von Bildern und Plänen skizzierten Hofmann und Burger dann den Weg eines Patienten vom Patientenzimmer in den OP und wieder zurück. Vorbereiten, einschleusen, operieren, aufwecken: Es ist ein komplexer Ablauf, der diese einfachen Worte begleitet. Liegt der Patient schon im Aufwachraum, geht es im OP-Saal noch weiter. Am Ende eines jeden Eingriffs werden die verwendeten Materialien gezählt. Sicher ist sicher. Das LKH Feldkirch verfügt mit der OP-Spange über ein technisch hochmodernes Zentrum, das sich sehen lassen kann. „Wir sind dennoch stets auch um eine menschliche Komponente bemüht“, betonte Wolfgang Hofmann. 

Fragen der Zuseherinnen und Zuseher

Welche Art von Operationen können in Feldkirch nicht durchgeführt werden und warum?

Hofmann Wir haben in Feldkirch keine Herzchirurgie und können keine Organtransplantationen durchführen. Warum machen wir keine Herzchirurgie? Weil wir ein geografisch definiertes Einzugsgebiet haben. Das heißt, wir haben ein Einzugsgebiet von etwa 400.000 Einwohnern, und bei 400.000 Einwohnern fallen nicht genug herzchirurgische Operationen an, um ein ganzes Team rund um die Uhr zu beschäftigen. Wir haben den Weg gewählt, dass unser nächstes herzchirurgisches Zentrum in Innsbruck ist.

Stellt die Roboterchirurgie mit endoskopischen Eingriffen nicht ein sehr großes Risiko bezüglich möglicher innerer Blutungen durch Verletzungen dar?

Hofmann Nein, weil man bei der Roboterchirurgie durch die Kameraführung die Struktur stark vergrößert sieht und man eine sehr genaue Sicht auf die einzelnen Gewebeschichten hat und dementsprechend mit dem Roboter deutlich schonender operiert wird, gerade in engen Bereichen. Wenn es einmal zu einer Blutung käme, ist immer auch noch der Chirurg im Raum, der natürlich notfallmäßig einschreiten könnte.

Können trotz Pandemie alle OP-Säle benützt werden?

Hofmann Ja, wir fahren schon seit ungefähr zwei Monaten das komplette Programm. Wir mussten zum Höhepunkt der Pandemie das Programm teilweise um 50 Prozent reduzieren, weil wir das Personal für die Intensivstationen benötigt haben.

Wie wird sichergestellt, dass für Notfälle immer ein OP zur Verfügung steht?

Hofmann Operationen dauern nicht alle gleich lang. Es gibt auch sehr kurze Operationen, die dauern vielleicht 15 oder 20 Minuten, sodass wir eigentlich immer in dieser Zeitspanne einen freien Operationssaal zur Verfügung haben.

Zu Beginn der Inbetriebnahme war der Personalmangel ein großes Problem. Gibt es jetzt genug OP-Personal?

Burger Ich will nicht sagen, wir haben genügend Personal, wir freuen uns immer über Bewerbungen. Es kommt immer wieder zu unvorhergesehenen Personalwechsel. Neues Personal ist deshalb immer herzlich willkommen.

Hofmann Im Vergleich zu vorher sind wir derzeit gut aufgestellt.

Was passiert bei einem Stromausfall?

Hofmann Dagegen gibt es große kräftige Geräte, deshalb merken wir den kaum. Da geht vielleicht einmal für eine Sekunde das Licht aus, aber dann läuft es schon wieder weiter.

Warum gibt es immer noch teilweise sehr lange Wartezeiten bei so vielen OP-Sälen?

Hofmann Weil es viele verschiedene Disziplinen gibt. Es gibt sicher Bereiche, wo wir noch längere Wartelisten haben, in letzter Zeit sind die Wartezeiten aber eher gesunken.

Wie hoch sind die Kosten einer Operation?

Burger Das lässt sich nicht so pauschal sagen, denn es kommt auf den Umfang der Operation an und wie viel Material benötigt wird. Die Spanne reicht von einigen hundert Euro bis zu fünfstelligen Summen.

Hofmann Es gibt Operationen, wo schon die Kosten für das Einmalmaterial fünfstellig sind.

Nach welchen Kriterien werden die Patienten gereiht? Also wer kommt zuerst und wer zuletzt zur OP?

Hofmann Grundsätzlich bemühen wir uns, die größeren Eingriffe in der Früh zu machen. Die Planbarkeit ist dann besser.

Wie schwierig ist es, eine solche Vielzahl von Operationen zu koordinieren?

Burger Das ist die Kunst der Koordination und nicht immer einfach. Es erfordert viele Gespräche miteinander. Im Regelprogramm ist es so, dass jede OP-Abteilung eine gewisse Kapazität zur Verfügung hat, die sie für sich planen kann.

Hofmann Diese Position erfordert Fingerspitzengefühl und eine gewisse Frustrationstoleranz, aber wir sind da perfekt aufgestellt.

Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass man bei einer Operation einen Schaden erleidet?

Hofmann Ich kann nur von meinem Fach, der Gefäßchirurgie sprechen: Bei der Krampfaderchirurgie liegt das Risiko im 0,00-Promille-Bereich. Wir haben allerdings auch große Schlagaderoperationen. Da ist das Risiko schon zwischen ein und zwei Prozent. Operationen dienen aber dazu, dem Patienten das Überleben zu sichern. Man muss also das OP-Risiko immer gegenrechnen zum Spontanverlauf der jeweiligen Erkrankung.