Corona: Paradigmenwechsel
Die offene Diskussion, wonach nur noch voll Immunisierte (1G-Regelung) Veranstaltungen besuchen dürften und Überlegungen von Politikern für eine dritte Impfung im Herbst haben eine alte, längst verworfene Strategie aufleben lassen. Dahinter steht die Erkenntnis, dass Genesene oder Geimpfte mit einer zusätzlichen SARS CoV-2 Infektion den besten Schutz vor einer COVID-19 Erkrankung haben. Diese beiden Konstellationen führen bei immunologisch gesunden Personen zu einem optimalen breiten Schutz nicht nur gegen das Spike-Protein, sondern das gesamte Virus mit seinen vielen Angriffspunkten für das Immunssytem. Spekulationen von Immunologen gehen sogar so weit, dass diese „doppelte“ Immunisierung vor neuen künftigen Varianten schützen könnte. Auch wird angenommen, dass dieser zusätzlich erworbene Schutz deutlich länger als die bisher nachgewiesenen sechs bis zwölf Monate anhält und eine Auffrischungsimpfung unnötig macht.
Konkret stellt man sich vor, dass trotz zweifacher Impfung infizierte Personen das Virus bei Großveranstaltungen streuen und somit eine Verstärkung der Immunreaktion sowohl bei den Genesenen als auch bei den voll immunisierten Personen auslösen. Schwere intensivpflichtige Verläufe sind dabei nicht oder extrem selten zu erwarten, wie Beobachtungen aus Israel und Island zeigen. Jeder Kontakt mit dem Virus aktiviert und verstärkt die immunologische Abwehr gegen SARS CoV-2.
Keine Strategieänderung gibt es für noch nicht geschützte Erwachsene und Jugendliche. Diesen Personen können wir nur mit ehrlicher offener Information dessen, was wir heute wissen begegnen und sie motivieren, leicht zugängliche Angebote anzunehmen und sich impfen zu lassen. Leider birgt die Delta-Variante eine noch höhere Ansteckungsgefahr als vorausgegangene Coronavarianten, und es ist nie zu spät, eine versäumte zweite Impfung nachzuholen, sie ist auch nach Monaten noch hoch wirksam. Eine Impfpflicht lehne ich entschieden ab, weil sie kontraproduktiv ist und die Spaltung der Gesellschaft weiter vorantreibt.
Eine Sondersituation besteht bei Kindern (definiert bis zwölf Jahre). Studien finden in 40 bis 60 Prozent der Kinder neutralisierende Antikörper mit einer zumindest teilweisen Immunität und/oder Kreuzimmunität durch relativ harmlose Corona-Erkältungsviren (Präimmunität). Diese Kinder profitieren besonders von einer durch natürliche Infektion erworbene robuste Immunität. Dass für Kinder Long Covid kaum eine Bedeutung hat, wird immer klarer. Infiziert werden Kinder in erster Linie von ihren nicht geimpften Eltern, wie sich besonders in den USA zeigt, und von erwachsenen Kontaktpersonen. Es besteht kein Grund, Schulen für Kinder zu schließen und sie zu diskriminieren.
Für Geimpfte und für Genesene führt eine zusätzliche Infektion mit dem SARS CoV-2-Virus zu einem besonders robusten und lang anhaltenden Schutz vor einer COVID-Erkrankung.
Hans Concin
hans.concin@vn.at
Prim. a. D. Dr. Hans Concin, Vizepräsident aks Verein
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