Mit Präzision gegen Tumore

Gesund / 27.08.2021 • 11:44 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Medizinphysiker DI Matthias Kowatsch und sein Team wollen die Berechnungsmethoden noch weiter verfeinern. khbg
Medizinphysiker DI Matthias Kowatsch und sein Team wollen die Berechnungsmethoden noch weiter verfeinern. khbg

Medizinphysik am LKH Feldkirch hält auch international mit.

Feldkirch Am Institut für Medizinische Physik am Landeskrankenhaus Feldkirch arbeiten derzeit 15 Fachleute. Nach Angaben von DI Matthias Kowatsch tüfteln sie laufend an verbesserten Grundlagen für die Strahlentherapie und Radioonkologie, sie verfeinern die Messungen für die Nuklearmedizin und sichern die Qualität in der Röntgendiagnostik. Medizinphysiker liefern quasi die Software für all jene medizinischen Bereiche, in denen ionisierende Strahlung und radioaktive Substanzen eingesetzt werden. Besonders hervorgetan hat sich das Team in den vergangenen Jahren unter anderem im Bereich der Messungen und Berechnungen für die Strahlentherapie. Dadurch ist vor allem die Bekämpfung von HNO-, Prostata-, Brust- und Lungentumoren deutlich effektiver und für die Patienten schonender geworden.

Berechnungswettbewerb

Die 15 verschiedenen Institute in Österreich verwenden jeweils ihre eigenen Verfahren und Berechnungen. Dabei muss die Medizinphysik am LKH Feldkirch den Vergleich nicht scheuen – im Gegenteil: Bei einem weltweiten Berechnungswettbewerb in den USA haben die Physiker mit ihrem Mess- und Berechnungssystem den zweiten Platz erobert. „Das war ein Ansporn, noch besser zu werden“, freut sich Matthias Kowatsch: „Wir haben es in den vergangenen Jahren geschafft, die Messmethoden so zu verfeinern, dass die Rechenmodelle in der Strahlentherapie tatsächlich sehr, sehr nahe an die Wirklichkeit, also an die echten Körper der Menschen, herankommen.“

Ähnelten die Körpermodelle vor mehr als 20 Jahren noch jenen klobigen Würfeln, die man aus den Anfängen der Computerspiele kennt, sind es heute millimetergenaue Abbildungen – individuell für jeden Patienten berechnet. In Kombination mit modernsten Geräten lassen sich mit diesen Mess- und Berechnungsmethoden kranke und entartete Zellen punktgenau bestrahlen. „Die Mediziner können nur so genau behandeln, wie das System es vorab berechnet. Die Hersteller liefern uns die Maschinen – wie etwa unseren neuen Oberflächenscanner – samt Basiswissen zur Anwendung. Die Physiker der jeweiligen Spitäler verfeinern die Verfahren, erzeugen die Modelle, mit denen man den Computer füttert“, erklärt Kowatsch.

Photonenstrahlen

Im Kampf gegen Tumore und Krebszellen werden bei der Bestrahlung Photonen, also kleinste Lichtteilchen losgeschickt. Trifft ein Photonenstrahl auf den Körper, ist das in etwa vergleichbar mit dem Auftreffen von sichtbarem Licht auf einen Gegenstand: Das Licht wird abgeschwächt, bis es irgendwann gar nicht mehr weiterkommt. Auch die Photonen treffen auf den Körper auf, dringen ein Stück weit ein und reagieren mit Molekülen und Stoffen, die sich im Körper befinden. Dabei müssen die Photonen durch unterschiedliche Schichten durch und laden unterschiedlich viel Energie ab. „Die Herausforderung liegt darin, die Übergänge zwischen diesen Schichten für die Dosisplanung richtig zu berechnen“, fasst der Physiker zusammen. „Wir berechnen den Weg der Photonen so, dass am meisten Energie dort auftrifft, wo der Tumor ist, um ihn zu zerstören.“

Aber nicht nur für die behandelnden Teams sind die Messungen und Berechnungen eine Entlastung, vor allem die Patienten gewinnen dadurch. „Nebenwirkungen sind deutlich reduziert worden. Im HNO-Bereich kommt es beispielsweise nicht mehr automatisch zu Mundtrockenheit nach der Bestrahlung der Speicheldrüsen“, erklärt Matthias Kowatsch. „Auch bei der Bestrahlung der Brust reagiert die Haut nur mehr in seltenen Fällen, und diesen Fortschritt wollen wir weiterführen.“

Nächstes Jahr wird das Team mit seinen neuesten Erkenntnissen wieder bei einem internationalen Wettbewerb antreten.

Die Strahlung ist so genau berechnet, dass andere Organe sehr gut geschützt sind.
Die Strahlung ist so genau berechnet, dass andere Organe sehr gut geschützt sind.

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