Ein stiller Killer

Bluthochdruck ist ein Risikofaktor, aber immer noch häufig unbehandelt.
Bregenz Innsbruck „Bluthochdruck, der unerkannt und damit unbehandelt ist, müsste es heutzutage eigentlich nicht mehr geben“, fasst Medizinstatistiker Prof. Hanno Ulmer eine aktuelle Studie zusammen, die genau das Gegenteil belegt. Rund ein Drittel der Bevölkerung lebt mit einem unbehandelten Bluthochdruck. Dabei zählt dieses Leiden zu den größten Risikofaktoren für eine kardiovaskuläre Erkrankung. Hypertonie erhöht vor allem Gefahr von Schlaganfälle und Herzinfarkten. „Dabei ist es sehr einfach, den Blutdruck regelmäßig selbst zu kontrollieren“, sagt Ulmer, der den Richtwert mit 140/90 angibt. „Steigt der Blutdruck über diese Marke, ist ein Besuch beim Arzt angezeigt“, ergänzt der an der Med Uni Innsbruck tätige Dornbirner.
Drei aks-Studien dabei
In die vom Imperial College in London federführend organisierte Studie flossen die Daten von 1200 Studien aus 184 Ländern aus den Jahren von 1990 bis 2019 ein. Erfasst wurden damit rund 104 Millionen Personen im Alter zwischen 30 und 79. Auch der aks steuerte drei Studien bei, die in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführt worden waren. Das Datenvolumen aus Vorarlberg umfasste etwa 5000 Personen, als Studienautoren fungierten Hans Concin, Hanno Ulmer und Emanuel Zitt. Generelles Ziel war es, die Häufigkeit von Bluthochdruck sowie den Fortschritt bei der Erkennung, Behandlung und Kontrolle zu messen. Der Hintergrund: Bluthochdruck ist zwar weitverbreitet, aber oft unerkannt und unbehandelt. Ausgangsbasis war der laut Ulmer seit vielen Jahren akzeptierte Grenzwert von 140/90.
In der untersuchten Altersgruppe verdoppelte sich die Zahl der Menschen mit Bluthochdruck weltweit enorm. Bei den Frauen stieg sie von 331 auf 626 Millionen und bei Männern von 317 auf 652 Millionen. Im Jahr 2019 berichteten 59 Prozent der Frauen und 49 Prozent der Männer von einer frühen Diagnose, aber nur 47 Prozent der Frauen und 38 Prozent der Männer wurden behandelt. Die Daten für Österreich bzw. Vorarlberg sprechen ebenfalls eine deutliche Sprache. Bei den Frauen leiden demnach 30,2 Prozent und bei den Männern 37,5 Prozent an Hypertonie. „Das ist relativ viel“, konstatiert Hanno Ulmer. Diagnostiziert wurde der Bluthochdruck bei 65,1 Prozent der Frauen und 61,7 Prozent der Männer. Weniger gut sieht es bei der Therapie aus. Da fällt der Wert auf 53,7 Prozent bei den Frauen und 54,3 Prozent bei den Männern.
Unterschätzte Gefahr
Resümee: Ein Drittel der Bevölkerung in besagter Altersgruppe hat Bluthochdruck, bei zwei Dritteln wird er erkannt und bei gut der Hälfte behandelt. Die Frage, warum dies bei vielen anderen nicht der Fall ist, stellt sich Hanno Ulmer auch zuweilen. Eine mögliche Antwort darauf: „Bluthochdruck tut nicht weh.“ Er vermutet, dass es eine relativ hohe Zahl von Menschen gibt, die den Blutdruck nicht regelmäßig kontrollieren, dieser aber schon behandlungsbedürftig wäre. Seine Schlussfolgerung daraus: „Bluthochdruck wird als Risikofaktor wohl vielfach noch unterschätzt.“ Das gilt sowohl in Zusammenhang mit Schlaganfällen als auch Herzerkrankungen. Solche würden gerne allein auf das Cholesterin geschoben, aber: „Bluthochdruck ist auch fürs Herz eine Gefahr.“
Regelmäßig kontrollieren
Mit steigendem Alter werde es immer wichtiger, den Blutdruck zu kontrollieren. Dazu eignen sich auch Handmessgeräte ganz gut. Bei einen Wert von 140/90 sei noch keine unmittelbare Gefahr in Verzug, erklärt Hanno Ulmer, aber eine regelmäßige Draufschau zu empfehlen. Wirklich riskant wird es bei einer Grenze von 160/95. Personen, die sich gut fühlen und fit sind, sollten ebenfalls auf ihren Blutdruck achten, rät der Experte. Nicht umsonst gilt der Bluthochdruck als stiller Killer.
Bluthochdruck kann, zu diesem Schluss kommt auch die Studie, auf Ebene der primären Gesundheitsversorgung erkannt und durch kostengünstige Behandlungen effektiv kontrolliert werden. VN-MM
„Es wäre eigentlich sehr einfach, den Blutdruck regelmäßig selbst zu kontrollieren.“
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