Ein gefährlicher Knall

Gesund / 05.11.2021 • 11:55 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Die Experten: Martin Rinderer und Marc Sohm.
Die Experten: Martin Rinderer und Marc Sohm.

Olympiazentrum Vorarlberg initiierte Studie zu Gehirnerschütterungen.

Dornbirn Es passiert beim Fußball, Eishockey oder beim Handball. Der Spieler bekommt einen Schlag gegen den Kopf, spürt nur einen kurzen Schmerz und schon geht es weiter. Deutlicher wird es im Ski- und Radsport oder bei Kampfsporten, wenn es zu einem klar sichtbaren Unfall oder Sturz auf den Kopf kommt. Oft sind die Symptome in den folgenden Tagen kaum spürbar oder nicht zuordenbar.

Experten sind sich allerdings einig: Gehirnerschütterungen werden oftmals unterschätzt. Sie werden viel zu häufig noch immer als Kavaliersdelikt behandelt, obwohl sie gerade im Wiederholungsfall schwerwiegende neurologische Folgen haben können, im Sport aber auch generell bei Unfällen im Alltag oder der Freizeit. Marc Sohm (ärztlicher Leiter des Sportmedizinischen Institut) und Martin Rinderer (Ernährungscoach) vom Olympiazentrum Vorarlberg haben mit wissenschaftlich arbeitenden Partnern aus Vorarlberg und angrenzenden Regionen daher ein Forschungsprojekt angestoßen, das neben der Bewusstseinsbildung zum Ziel hat, einfach durchführbare Tests für den Praxiseinsatz zu validieren. Trainer sollen das Werkzeug zur Verfügung gestellt bekommen, um mit einfachen Mitteln am Trainingsplatz schnell selbst eine erste Einschätzung vornehmen zu können. Ein sport-assoziierte Gehirnerschütterung (Sports Related Concussion – SRC) kann durch ein stumpfes Trauma gegen den Kopf oder ein Trauma durch bremsende oder beschleunigende Kräfte auf den Kopf und/oder die Halswirbelsäule entstehen. Aus den dadurch einhergehenden umfassenden pathophysiologischen Veränderungen kommt es zu einer vorübergehenden Störung der Gehirnfunktion und den meist mitbeteiligten Strukturen wie Innenohr, Halswirbelsäule und Gehirnnerven.

Untersuchungen haben laut dem Olympiazentrum Vorarlberg gezeigt, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen der Schwere des Traumas und der funktionellen oder strukturellen Schädigung des Gehirns gibt. Sprich: Auch ein leichtes Trauma kann eine deutliche Beeinträchtigung nach sich ziehen. Hinzu kommt, dass es sich um eine dynamische Erkrankung handelt, die im Verlauf und Schweregrad sehr individuell ist.

In 90 Prozent der Fälle tritt die SRC ohne Verlust des Bewusstseins auf und kann bis zu einigen Stunden oder Tagen nach der Verletzung symptomatisch werden. Gängige Untersuchungen wie CT oder MRT können eine sport-assoziierte Gehirnerschütterung nicht diagnostizieren; sie messen nur den entstandenen Schaden durch das erfolgte Trauma. 25 bis 35 Prozent der Betroffenen haben nach drei Monaten noch Beschwerden wie Kopfschmerzen, Wahrnehmungs-/Verarbeitungsstörungen, Gedächtnisprobleme, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Stimmungsveränderungen.

Schutz vor Langzeitfolgeschäden

Die Daten der Studie sollen dazu beitragen, den Einfluss von repetitiven Kopfstößen im Fußball auf neurodegenerative Folgeerkrankungen besser zu verstehen, Fußballspieler in Zukunft besser vor Langzeit-folgeschäden zu schützen und eine Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung rund um das Thema asymptomatische Gehirnerschütterung bei Spielern, Trainern und Vereinsverantwortlichen zu bewirken. Die Spieler der drei Vorarlberger Profifußballvereine SCR Altach, Austria Lustenau und FC Dornbirn konnten auf freiwilliger Basis an der Querschnittsstudie teilnehmen. Die Datenerfassung fand zu Beginn der Frühjahrssaisonvorbereitung statt.

An der Studie nahmen auch Spieler des SCR Altach teil. Olympiazentrum
An der Studie nahmen auch Spieler des SCR Altach teil. Olympiazentrum

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