Ärztekammer sieht Problem nicht bei Wahlärzten

Gesund / 09.11.2021 • 12:31 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Ärztekammer sieht Problem nicht bei Wahlärzten
Die Ärztekammer wehrt sich. VN/RAuch

Nicht der Unwille der Ärzte, sondern die Möglichkeiten der Kasse seien der begrenzende Faktor.

DORNBIRN Die Arbeiterkammer (AK) will mehr Wahlärzte in das Kassensystem bringen und notfalls auch für eine gewisse Zeit zwingen, wenn es sein muss. Rückhalt zieht sie dabei aus einer Umfrage. Aus Sicht der Ärztekammer für Vorarlberg macht es sich diese zu einfach.

“Wahlärzte werden als faule, geldgeile Rosinenpicker dargestellt”, ärgert sich der Vizepräsident der Ärztekammer für Vorarlberg, Burkhard Walla, am Dienstag. Für ihn stellt sich die AK, die in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) ein schweres Gewicht hat, als Beschützer der Patienten dar, schüre dafür aber mit Absicht falsche Bilder. Dem müsse die Kammer dagegenhalten.

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Pointner verteidigt seine Standesgenossen. VN/RAuch

Die Essenz für die Ärztekammer: Die finanziellen Ressourcen und Möglichkeiten der ÖGK sind der begrenzende Faktor, nicht der Unwille der Ärzte. Um dies zu überspielen, setze man auf Emotionen statt Fakten. Denn was unter den Tisch falle, sei das starke Engagement der Wahlärzte. Von 675 niedergelassenen Ärzten sind 322 Wahlärzte. Von diesen sind 92 als Fach- und Oberärzte in den Krankenhäusern tätig, 93 engagieren sich in den Impfzentren. “Die Ressourcen genügen nicht”, fasst Walla zusammen. “Die Wahlärzte sind nicht schuld an Mängeln im System, sondern helfen aus.”

Urologe und Wahlärztereferent Josef Pointner zeigt dies am eigenen Beispiel. In seiner Zeit als Oberarzt habe er es immer wieder in den Rechnungshofbericht geschafft, da er allein über 2000 Überstunden ansammelte. Auch seien viele öffentliche Bilder falsch: Unterm Strich verdiene der Kassenarzt meist besser und genieße durch den Kassenvertrag auch finanzielle Absicherung. Viele Wahlärzte übernehmen wie auch ihre Kassenkollegen freiwillig Bereitschaftsdienste. Die Darmkrebsvorsorge funktioniere nur mit den Wahlärzten. Bereits jetzt sei der Arzt nach der Ausbildung gezwungen, mehrere Jahre im öffentlichen Gesundheitssystem zum arbeiten – als einzige Berufsgruppe, schließlich werde beinahe jede Ausbildung in Österreich aus Steuergeld finanziert, betont Walla.

Sabine Fuchs bewarb sich jahrelang vergebens um einen Kassenvertrag.<span class="copyright"> VN/RAuch</span>
Sabine Fuchs bewarb sich jahrelang vergebens um einen Kassenvertrag. VN/RAuch

Der Unwille der Wahlärzte sei auch nicht per se das Problem, verdeutlicht die Ärztekammer am Beispiel der Gynäkologin Sabine Fuchs: Aufgrund der Notwendigkeit, Teilzeit zu arbeiten, musste sie vor 20 Jahren in den niedergelassenen Bereich wechseln. Zehn Jahre lang bemühte sie sich um einen Kassenvertrag, vergebens. Einen Teilvertrag mit der Beamtenkasse gelang ihr, dieser wurde jedoch rückwirkend gekündigt mit der Begründung, dass dieser eine Extrawurst sei. Schließlich habe sie sonst keinen weiteren Kassenvertrag.

“Wir bekennen uns klar zum Kassensystem”, betont Walla. Aber dass es einen Kassenvertrag für jeden Arzt geben wird, wird allein schon an den Kosten scheitern. Die Kassen entscheiden per Strukturplan, wie viele Kassenärzte es pro Bereich braucht. Nach dem gibt es in Vorarlberg nur bei Augenärzte einen Mangel. Dass dies die Patienten aufgrund der Wartezeiten anders sehen, sei nachvollziehbar. “Es gab in den letzten Monaten nicht eine Anfrage an einen Wahlarzt, ob er einen Kassenvertrag will”, sieht Walla vor allem PR-Schattenkämpfe. Entsprechend werde man das Gespräch suchen, was sich wirklich verbessern lasse. Jedoch nicht beim geplanten Gesundheitsgipfel. Dieser wurde aufgrund der Coronasituation abgesagt.

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