Multivitamine, Kakao und kognitives Altern
Macht die Einnahme von Multivitaminen bei älteren Frauen und Männern doch Sinn? Diese Frage wird seit Jahrzehnten wissenschaftlich sehr unterschiedlich beantwortet. Das Problem: Es gab bisher keine Studien, die guten wissenschaftlichen Standards entsprechen. Kürzlich wurde über erste aufregende Teilergebnisse der COSMOS-Mind-Studie berichtet. Sie ist ein Teil der großen COSMOS-Studie mit mehr als 21.000 Teilnehmern. Die Studienleiterin Dr. JoAnn Manson, Professorin für Medizin an der Harvard Universität hat die vorläufigen Ergebnisse zusammenfasst:
USA-weit wurden bei 2262 Frauen und Männern mit einem Durchschnittsalter von 73 Jahren Gedächtnis- und andere kognitive Tests durchgeführt. Nach dem Zufallsprinzip wurden die Studienteilnehmer in drei Gruppen eingeteilt, die entweder ein Kakaoextrakt, Multivitamine oder ein Placebo erhielten. Über drei Jahre wurden wiederholt die kognitiven Leistungsfähigkeiten in Testbatterien überprüft.
Die Teilnehmer in der Multivitamingruppe haben deutlich besser abgeschnitten als diejenigen in der Placebogruppe: In den drei Jahren ist ihre kognitive Alterung um 60 Prozent weniger fortgeschritten, das heißt, dass sie im Vergleich zu den Teilnehmern in der Placebogruppe nicht drei sondern „nur“ 1,2 Jahre kognitiv gealtert sind. Einen besonders starken Nutzen scheinen Personen mit Herzkreislauf-Erkrankungen zu haben. Die Kakaoextrakte Flavanole in einer Dosis vom 600 mg täglich zeigen keine besseren Ergebnisse in der kognitiven Alterung als Placebo.
Die Hypothese ist, dass Multivitamine Vorteile für die Kognition bieten, vor allem wenn ein Mangel an Vitamin B12, Folsäure, Vitamin D und anderen Mikronährstoffen besteht. Diese Fakten sind in Einzelstudien zum Beispiel für Vitamin B12 schon lange bewiesen, aber noch nie wurde das in einer großen Untersuchung mit Multivitaminen von Beginn der Studie an erforscht. Diese Ergebnisse müssen entsprechend guten wissenschaftlichen Empfehlungen durch weiter Studien überprüft und bestätigt werden.
Der scheidende Direktor über die wissenschaftlichen 27 nationalen Gesundheitsinstitute der USA (NIH) Francis Collins (71) hat berichtet, dass er keine Nahrungsergänzungen und Multivitamine einnimmt, aber dass einige Familienangehörige es doch tun. Es ist hoch an der Zeit, dass die Frage der Sinnhaftigkeit dieser Interventionen eindeutig geklärt wird. Das Problem ist, dass diese Studien extrem teuer sind und von den Ergebnissen kein Patentschutz abgeleitet werden kann, der für die investierenden Firmen einen Gewinn in Aussicht stellen könnte.
Der Arbeitskreis für Vorsorge- und Sozialmedizin (aks) propagiert seit bald 60 Jahren die Vorteile einer gesunden Ernährung für die Gesundheit. In Coronazeiten hat das eine noch höhere Bedeutung gewonnen.
„Frisches Gemüse steht uns heute über das ganze Jahr uneingeschränkt als hervorragende Medizin, die es zu nutzen gilt in jedem Alter zur Verfügung.“
Hans Concin
hans.concin@vn.at
Prim. a. D. Dr. Hans Concin, Vizepräsident aks Verein
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