Hans Concin

Kommentar

Hans Concin

Allergien und Asthma von Anfang an vorbeugen

Gesund / 29.04.2022 • 10:15 Uhr / 4 Minuten Lesezeit

Heuschnupfen, allergisches Asthma, Neurodermitis, Ekzeme, Unverträglichkeiten und andere überreaktive Erkrankungen (Atopien) haben in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Sie sind zu den häufigsten Störungen geworden, jede dritte Person ist zumindest zeitweise davon betroffen. Viele wirksame Medikamente wurden und werden entwickelt – bei den Strategien für eine frühe Vorbeugung tut sich allerdings wenig.

Immer mehr verdichtet sich die Annahme, dass schon in der Schwangerschaft die Weichen für ein gesundes Immunssytem gestellt werden. Einiges spricht dafür, dass eine ausgeglichene Programmierung des Immunsystems beim Säugling bereits während der Schwangerschaft beginnt. Das Konzept der „ersten 1000 Tage“ von der Empfängnis bis zum zweiten Geburtstag unterstreicht die Bedeutung dieser Lebensphase für die lebenslange Gesundheit. Die genetische Veranlagung von den Eltern kann in der Schwangerschaft durch den Lebensstil modifiziert werden (Epigenetik). Dabei spielt das menschliche Mikrobiom wahrscheinlich schon in der Schwangerschaft und dann besonders im ersten Lebensjahr eine wichtige Rolle.

In und auf uns leben Milliarden von Mikroorganismen, die in Summe ein Gewicht von 1,5 bis 2 kg ausmachen. Diese Bakterien, Viren, Pilze und Einzeller sind Trainingspartner und Coach unseres Immunsystems. Je vielfältiger dieses Mikrobiom ist, umso besser kann unser Immunsystem zwischen gut und böse, nützlich und schädlich unterscheiden. Leider ist in unserer Industriegesellschaft die Diversität dieses Mikrobioms immer mehr verarmt. Eine direkte Folge davon ist das gehäufte Auftreten von Allergien und Asthma. Forscher sind heute in abgelegene Gegenden der Welt auf der Suche nach verloren gegangenen (guten) Mikroorganismen.

Hygienemaßnahmen haben in Ballungsgebieten aufgetretene Seuchen erfolgreich verdrängt und viel Leid verhindert. Zu viel Hygiene und vor allem der übertriebe „Kampf“ gegen Mikroorganismen kann zu einer Fehlregulation des Immunsystems führen. Neuere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die mikrobielle Exposition schon während der Schwangerschaft von großer Bedeutung ist für eine angemessene Reaktion des Säuglings gegenüber Krankheitserregern einerseits und harmlosen Mikroorganismen andererseits.

Unzählige Studien weltweit haben festgestellt, dass Allergiehäufigkeit, Ekzeme und Asthma bei Kindern auf traditionellen Bauernhöfen halb so häufig sind wie bei Stadtkindern. Die Forschung entschlüsselt die Zusammenhänge immer besser: An erster Stelle für die Erklärung dieses günstigen Bauernhof-Effekts steht die Diversität des Mikrobioms einschließlich seines Endotoxins in der Luft des Kuhstalls und in seiner näheren Umgebung.

Wiener Forscherinnen haben kürzlich die ausgeprägte antiallergische Wirkung von beta-Lactoglobulin (BLG) nachgewiesen. BLG ist ein Eiweißkörper in der Molke und wird von Kühen in relativ großen Mengen auch mit dem Urin ausgeschieden. Es wird als Aerosol in der Stallluft eingeatmet. Fortsetzung folgt.

„Ein gesundes Mikrobiom ist der beste Trainingspartner und Coach für unser Immunsystem.“

Hans Concin

hans.concin@vn.at

Prim. a. D. Dr. Hans Concin,

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