Austausch auf Augenhöhe

Gesund / 24.06.2022 • 11:02 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Eine psychische Krankheit fordert letztlich das ganze System.zodebala
Eine psychische Krankheit fordert letztlich das ganze System.zodebala

Wie Angehörige, Betroffene und Fachpersonen voneinander lernen können.

Bregenz Was kann den Betroffenen, was kann mir, was Fachpersonen helfen? Solche und ähnliche Fragen treiben Angehörige von psychisch Erkrankten um. Antworten finden sich vor allem im Austausch von Erfahrungen. „Hören wir beispielsweise Menschen, die eine psychische Erkrankung durchlebt haben, hilft uns das auch fürs eigene Verstehen“, sagt Ulrike Längle. Gemeinsam mit Mario Leitgeber vom Verein omnibus organisiert sie seit September 2020 regelmäßig sogenannte Trialoge. Im Rahmen dieser Veranstaltungen treffen sich Erkrankte, Angehörige und Fachpersonen wie Ärzte, Pflegepersonal und Therapeuten zu Gesprächen. „Es geht darum, einander zuzuhören und voneinander bzw. füreinander zu lernen“, ergänzt Längle.

Wurzel des Vereins

Neben dem Trialog ist die Selbsthilfegruppe ein wichtiger Bereich bei HPE. „Sie ist eigentlich die Wurzel unseres Vereins“, unterstreicht Obmann Stefan Riedmann ihre Bedeutung. Im Herbst wurde sie deshalb wieder reaktiviert. Bedarf ist gegeben, wie die Teilnahme von bis zu zehn Personen pro Treffen zeigt. Auch aus diesem Grund liegt Riedmann viel daran, dieses Angebot beizubehalten. Die Erlebnisse der Angehörigen psychisch kranker Menschen sind sehr verschieden, ähneln sich aber auch in vielen Bereichen. Das führe zu einem besonders intensiven Verständnis durch die anderen Gruppenteilnehmer. Wie schwer sich Angehörige oft tun, zeigt die Aussage einer Mutter: “Nachdem unser Sohn ausrastete und sein Zimmer zerstörte, musste ich die Polizei holen. Alle Hausbewohner wurden Zeugen, wie mein Sohn abgeführt und in die Psychiatrie gebracht wurde. Seither vermeide ich jedes Zusammentreffen mit unseren Nachbarn, weil ich nicht weiß, ob und wie ich das Geschehene ansprechen soll.”

Darüber reden können ist laut Riedmann ein erster wichtiger Schritt für Angehörige, die ihr Familienmitglied in dem schwierigen Prozess einer seelischen Krise gut begleiten wollen. Demnächst geht die Selbsthilfegruppe zwar in die Sommerpause, ab September sollen die monatlichen Treffen jedoch fortgesetzt werden.

Wege des Miteinanders

Eine Sommerpause legt auch der Trialog ein. Gleichwohl stehen die Zeichen hier ebenfalls auf Fortsetzung. Während der Coronapandemie behalf man sich mit Online-Versionen. In diesem Jahr konnten wenigstens drei Trialoge in Präsenz durchgeführt werden. „Als Angehörige wollen wir dem Erkrankten helfen, möchten, dass es ihm gut geht“, schildert Ulrike Längle. Die Veränderungen, die eine psychische Erkrankung bei Betroffenen mit sich bringt, verunsichern jedoch und machen Angst. In solchen Situationen würden sich Angehörige mehr Zuwendung vonseiten der Fachpersonen wünschen. Umgekehrt hätten auch Fachpersonen diesen Anspruch an Angehörige, räumt Längle ein und betont: „Es geht darum, gemeinsam einen Weg zu finden.“ VN-MM

Auskünfte

Allgemeine Informationen zu HPE www.hpe.at/de/bundeslaender/vorarlberg/

Selbsthilfegruppe Mittwoch, 29. Juni 2022; 19 bis 20:30 Uhr; Treffpunkt Lebensraum Bregenz, Clemens-Holzmeister-Gasse 2; Telefon 0664/7805085

Lesen Sie im nächsten Teil: Schulprojekt zur Entstigmatisierung psychisch Erkrankter