Ungewöhnlich viele Sterbefälle im Sommer

Umweltmediziner Hutter: Zusammenhang mit sommerlicher Hitze im Land naheliegend.
SCHWARZACH Im Sommer 2022 sind in Vorarlberg ungewöhnlich viele Menschen gestorben: Laut Statistik Austria handelte es sich in den Kalenderwochen von Ende Mai bis Ende August um 809. Das waren um ein Fünftel mehr als im Durchschnitt vor der Coronapandemie.
Die Pandemie allein kann jedoch kaum ausschlaggebend gewesen sein für die große Zahl, wie der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter im Gespräch mit den VN bestätigt: Ein Zusammenhang mit der Hitze sei naheliegend. Hier werde eine Folge des Klimawandels deutlich.

Schon Ende Juli berichtete „Statistik Austria“ von einer Übersterblichkeit in ganz Österreich. In einer Woche habe so viele Fälle gegeben wie seit April nicht mehr. Damals hatte eine Coronawelle gerade ihren Höhepunkt erreicht. Auch zuletzt sind immer wieder Menschen mit einer bestätigten Infektion gestorben, aber deutlich weniger. Statistik-Chef Tobias Thomas wies daher im Juli auf ein anderes Phänomen hin, das nun in dieselbe Zeit gefallen war: „Große Hitze.“
Gibt es wirklich einen Zusammenhang? Hans-Peter Hutter betont, dass das für die vergangenen Wochen erst eingehend untersucht werden muss. Der Schluss liege jedoch nahe: „Es gibt nur zwei plausible Gründe, die Einfluss auf die Übersterblichkeit gehabt haben: die Infektionswelle und die Hitze.“
Selbstverständlich hat das mit dem Klimawandel zu tun. Alle Modelle, die wir haben, zeigen das.
Hans-Peter Hutter, Umweltmediziner
Von der 22. bis zur 34. Kalenderwoche, die 2022 ziemlich genau mit dem meteorlogischen Sommer zusammengefallen sind, starben 2015 bis 2019 vorarlbergweit durchschnittlich 673 Menschen. In den ersten beiden Coronajahren waren es mit 741 und 778 bereits deutlich, heuer mit 809 aber noch einmal mehr. Zumindest 22 davon stehen in Verbindung mit Corona: So viele Frauen und Männer schieden laut staatlicher Gesundheitsagentur AGES mit einer bestätigten Infektion aus dem Leben.
Der jüngste Sommer war aber auch von Hitze geprägt: Laut Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) handelte es ich in Vorarlberg um den zweitwärmsten der Messgeschichte. In Feldkirch gab es 20 Tage mit 30 Grad oder mehr, also sogenannte Hitzetage. Das waren doppelt so viele wie im Mittel der Jahre 1991 bis 2020.
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Hitze setzt Säuglingen und Kleinkindern zu, die noch weniger schwitzen, ganz besonders aber auch Älteren, bei denen die Fähigkeit des Körpers abnimmt, mit extremen Temperaturen zurechtzukommen, wie Hutter betont. Außerdem gebe es eine Reihe kritischer Faktoren, die bei Älteren oft zusammenfallen: Vorerkrankungen etwa oder Demenz, die es mit sich bringe, dass Betroffene darauf vergessen, notwenige Maßnahmen zu setzen.
Grundsätzlich gibt es laut Hutter, der an der Med-Uni Wien lehrt, keinen Zweifel daran, dass Hitze zu mehr Sterbefällen führt: „Selbstverständlich hat das mit dem Klimawandel zu tun. Alle Modelle, die wir haben, zeigen das. Dazu gibt es massenhaft Literatur.“ In unseren Breiten müsse man erst lernen, damit umzugehen: Wie es bei Sonne zur Regel geworden ist, sich mit einer schützenden Creme einzuschmieren, so werde man verstärkt auf hohe Temperaturen reagieren müssen. „Das ist alles noch recht spärlich ausgeprägt“, so Hutter. Er rechnet zum Beispiel damit, dass auf Baustellen im Freien der Betrieb zu gewissen Zeiten in naher Zukunft ganz eingestellt werden muss.
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