Kranke Kinder: Kinderärzte können nicht jeden Fall sofort behandeln

Kinderärztezentrum erlässt aufgrund von Ansturm Verhaltensregeln. Viele Eltern seien verunsichert, das Problem aber zum Teil hausgemacht.
Dornbirn Wer einen Eindruck gewinnen will, wie stark die Viren unter Vorarlbergs Kinderschar wüten, muss nur die Webseite des Kinderärztezentrums Dornbirn (KÄZ) aufrufen. Denn seit wenigen Tagen gibt es dort Verhaltensregeln für Eltern und Patienten.

“Aufgrund der starken Viruswelle geraten auch wir an unsere Grenzen. Wir können die vielen Emails und Telefonanrufe neben der Versorgung unserer Patienten momentan nicht zeitgerecht bewältigen”, warnt das KÄZ. Selbst akute Termine müssen dennoch per Telefon vereinbart werden, ohne Termin soll niemand vorbeikommen. Jene mit fieberfreiem Husten, typische grippale Infekte und jene mit normalem Durchfall sollten grundsätzlich von einem Termin absehen, um Kapazitäten frei zu halten. Als dringend gelten akute Bauchschmerzen, beständig hohes Fieber, Atemnot und mit dem Fieber auftretenden Hautflecken.

“Die Situation ist in der Tat ungewöhnlich heftig”, bestätigt der leitende Arzt des KÄZ Dornbirn, Harald Geiger. RSV, Influenza, Covid, Rhinoviren und Enteroviren hätten nur auf das Ende der Coronamaßnahmen gewartet und nutzen die nun veränderte Immunlage der Bevölkerung aus. So schützten die Coronamaßnahmen auch vor anderen Infektionen, gleichzeitig ist das Immunsystem durch ausbleibende Infektionen weniger trainiert als in anderen Jahren. “Es besteht hohe Verunsicherung wegen der heftigen Fieberverläufe und der oftmals verlängerten Krankheitsdauer über mehrere Tage”, erklärt sich der ärztliche Leiter des KÄZ die Sorgen der Eltern.

Ein Teil der Problematik sei aber durchaus hausgemacht, warnt Geiger. Beispielsweise stehe die Influenzaimpfung Kindern gratis als “bequeme” nasale Impfung zur Verfügung, werde aber viel zu wenig angenommen. “Wir müssen jedes Jahr bestellte Kinderimpfstoffe entsorgen, weil sie nicht angenommen werden”, erklärt der Arzt. Dabei schütze die Impfung klar vor schweren Verläufen, viele Kinder werden erst gar nicht krank.
Versorgungsarbeit in Urlaubszeit
Im KÄZ habe er das Glück, durch die geteilte Ordination flexibler reagieren zu können, als es den Kinderärzten in den Einzelordinationen möglich wäre. Hinzu kommt aber, dass das KÄZ auch als Urlaubsvertretung herhalten muss. “Derzeit leisten wir Versorgungsarbeit zu Zeiten, wo andere geschlossen haben, aber auch dem sind Grenzen gesetzt”, erklärt der ärztliche Leiter den Akutzustand.

So waren am Mittwoch drei Ärztinnen und Ärzte im Einsatz, die dennoch angesichts des Ansturms nicht alle potentiellen Patienten behandeln konnten. “Zum Glück sind trotz allem wenige Kinder bedrohlich krank und müssen weiterverwiesen oder intensiver behandelt werden”, beruhigt Geiger.
Die Sorgen der Eltern, die die Krankheitsverläufe in dieser Form nicht gewohnt sind, versteht er. “Die vergangenen Meldungen von Medikamentenverknappung und überfüllten Kinderkliniken in Deutschland tragen natürlich auch nicht zur Beruhigung bei”, weiß Geiger. Vor Weihnachten warnten die deutschen Kliniken, angesichts der zahlreichen Infektionen unter den Kindern und Personal an den Grenzen des Möglichen zu stoßen. Doch auch Geiger hofft auf eine Verbesserung der Situation in den nächsten Tagen: “Wir hoffen, das sich die Lage bald beruhigt – auf Dauer ist das nicht leistbar.”
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