Spätfolgen auf der Spur

Gesund / 17.02.2023 • 12:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Kinderonkologe Roman Crazzolara schätzt, dass 20 Prozent der ehemaligen jungen Krebspatienten ein hohes Risiko für Spätfolgen haben.Uki/bullock
Kinderonkologe Roman Crazzolara schätzt, dass 20 Prozent der ehemaligen jungen Krebspatienten ein hohes Risiko für Spätfolgen haben.Uki/bullock

Landesgesundheitsfonds finanziert Onkologieprojekt für junge Erwachsene mit.

Innsbruck Wenn ein Kind an Krebs erkrankt, stehen die Chancen meist sehr gut, dass es geheilt werden kann. Survivors – Kinder, die eine Krebserkrankung überstanden haben – sind allerdings häufig mit Spätfolgen konfrontiert, die ihre Lebensqualität mitunter massiv beeinträchtigen. 2021 richteten die Tirol Kliniken und die Medizinische Universität Innsbruck auf Betreiben der Kinderkrebshilfe für vorläufig drei Jahre das Zentrum für onkologische Nachsorge für junge Erwachsene (ZONE) ein. Die vom Kinderonkologen Roman Crazzolara geleitete Sprechstunde ist am Comprehensive Cancer Center Innsbruck (CCCI) angesiedelt und wird aus den Töpfen des Tiroler Gesundheitsfonds und des Landesgesundheitsfonds Vorarlberg mitfinanziert. Erste Zahlen bestätigen seine Notwendigkeit.

An der Uniklinik für Pädiatrie I in Innsbruck werden rund 100 krebskranke Kinder pro Jahr betreut. 98 Prozent der jungen Patienten mit Leukämie, der häufigsten Krebserkrankung bei Kindern, überleben. Europaweit leben derzeit rund 400.000 Survivors, und dank stetig verbesserter Behandlungsoptionen werden sie immer mehr. Allerdings tragen diese Menschen eine hohe Gesundheitslast, die mit zunehmendem Alter schwerer wird. Auf Initiative der Kinderkrebshilfe Tirol haben MedUni, Tirol Kliniken und die Länder Tirol und Vorarlberg 2021 auf diese Entwicklung reagiert und für eine vorläufige Laufzeit von drei Jahren das ZONE (Zentrum für onkologische Nachsorge für junge Erwachsene) eingerichtet. Erstmals ist damit im Westen Österreichs ein strukturiertes Angebot zur onkologischen Nachsorge für junge Erwachsene geschaffen worden.

Stufenprogramm

Die Sprechstunde für Langzeitnachsorge, die von der Kinderfachärztin Evelyn Rabensteiner betreut wird, richtet sich an Betroffene ab 18 Jahren, deren Krebstherapie mindestens fünf Jahre zurückliegt. Mit Start des ZONE wurden alle kinderonkologischen Patienten der vergangenen 20 Jahre schriftlich über das Angebot informiert und eingeladen. „Mittlerweile haben wir mehr als 130 Patientinnen und Patienten gesehen. Im Rahmen eines Stufenprogramms erstellen wir ein Risikoprofil. Betroffene mit einem niedrigen Risiko für Spätfolgen werden nach fünf Jahren wieder einbestellt, jene mit hohem Risiko jedes Jahr“, sagt ZONE-Leiter Roman Crazzolara. Dabei sei das Risiko maßgeblich von der Art der Erkrankung und Therapie sowie vom Zeitpunkt der Therapie abhängig. „Die modernen Behandlungsmethoden sind viel präziser und weniger invasiv. Heute erreichen wir Topwerte beim Überleben, und es geht nicht mehr ausschließlich darum, dieses Ziel zu erreichen, sondern auch darum, wie man es erreicht.“

Vielfältige Folgen

Die Nachsorgesprechstunde umfasst Besprechungen und bei Bedarf Untersuchungen sowie psychologische Unterstützung. Erste Auswertungen haben ergeben, dass 92 Prozent der vorstelligen Patienten unter Spätfolgen leiden. Crazzolara schätzt, dass 20 Prozent von ihnen der Gruppe mit dem höchsten Risiko zugeordnet werden können. Die Folgen einer Tumorerkrankung reichen von möglichen Traumatisierungen über Wachstumsstörungen bis hin zu erneuten Krebserkrankungen. Als Meilenstein für die Kinderonkologie betrachtet Ursula Mattersberger, Obfrau der Kinderkrebshilfe für Tirol und Vorarlberg sowie Präsidentin der Österreichischen Kinderkrebshilfe die Einrichtung des ZONE. „Damit ist ein großer Schritt gelungen. Ein Ausbau des Angebots ist aber notwendig. Mein Wunsch für die Patienten ist, dass sie ein Leben mit möglichst wenigen Spätfolgen und guten Zukunftsperspektiven führen können.“

„Die Patienten sollen ein Leben mit guten Zukunftsperspektiven führen können.“

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