Vom antiken Kult bis zur Gegenwart

HE_Brege / 26.04.2023 • 15:09 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Das Rollenbild der Mutter hat sich über die Jahrhunderte immer wieder stark gewandelt.Shutterstock
Das Rollenbild der Mutter hat sich über die Jahrhunderte immer wieder stark gewandelt.Shutterstock

Das „Muttersein“ machte in den Epochen der Zeit viele Wandlungen durch.

EHRENTAG Mütter waren schon seit jeher immer besonders gefordert. Das wussten offenbar schon die alten Griechen, die bereits den Mutterkult gepflegt haben. So wurde im antiken Hellas etwa der Göttin Rhea besonders gehuldigt. Sie ist die Göttin der Fruchtbarkeit und der Mutterschaft. In Carl Gustav Jungs Analytischer Psychologie gilt sie als der typische Mutter-Archetyp – auch Große Mutter oder Urmutter genannt. In der neueren Belletristik wird der Mutterarchetyp, insbesondere in Hermann Hesses Roman „Demian“ thematisiert, wo er als „Frau Eva“ auftritt.

Kaum Zeit für Kinder

Vom Mittelalter bis zum Beginn der Industrialisierung wiederum spielte die Kindererziehung zumeist nur eine untergeordnete Rolle. Die Frauen waren mit der Arbeit auf dem Hof, dem Feld oder im Haushalt voll ausgelastet. Schwangerschaften waren wegen wenig verlässlicher Verhütungsmaßnahmen zumeist unvermeidbar. Viele Kinder starben als Säuglinge oder als Kleinkinder, da es an Hygiene mangelte, ihre Ernährung unzureichend war und viele Krankheiten tödlich verliefen. Die, die überlebten, waren bis zu ihrem 6. oder 7. Lebensjahr weitgehend sich selbst überlassen, da ihre Mütter mit der Arbeit auf dem Hof, im Garten und im Haushalt voll ausgelastet waren und somit kaum Zeit für die Belange der Kinder hatten. Ältere Kinder mussten – lange bevor sie das Jugendalter erreichten – auf dem Hof mithelfen. Für ihre Erziehung waren Autoritäten wie Väter, Dienstherren, Geistliche, Lehrmeister etc. verantwortlich. Nicht viel anders war es bei den Fabriksarbeiterinnen.

Wesenserfüllung der Frau

Ähnliches galt für den Adel und großbürgerliche Familien: Hier übernahmen Ammen, später Gouvernanten und Hauslehrer viele Aufgaben, die heute der Mutterrolle zugeordnet werden. „Erst ab dem 19. Jahrhundert setzte sich vor allem im Bildungsbürgertum der Muttergedanke durch. Mütterlichkeit wurde zu einer der Frau eigenen, besonderen Fähigkeit; die psychologische Beeinflussung der Kinder ersetzte mehr und mehr die körperliche Züchtigung“, schreibt Autor Martin R. Textor im Handbuch „Mutterschaft gestern – heute – morgen“. Mit der Kindheit wurde auch die Mutterschaft neu definiert – als innerste Wesenserfüllung der Frau und damit als Essenz ihrer Person und Identität. So „wurde die Sorge für das leibliche und seelische Wohl der Kinder zur ersten, vordringlichsten und oft auch einzigen Aufgabe der Frau im Besitz- und Bildungsbürgertum des 19. Jahrhunderts – wenn die materiellen Umstände es erlaubten. Der Vater verlor seine wichtige Rolle als Bezugsperson, die er noch im 18. Jahrhundert für die Kinder hatte.

Starker Wandel vollzogen

Auch kam es zu einem „Kult der Häuslichkeit“ – die Wohnung wurde zum „trauten Heim“. Parallel dazu wurden die Frauen immer mehr aus der sich ausdifferenzierenden Arbeitswelt und aus dem öffentlichen Leben „verbannt“. Die zunehmende Trennung zwischen „privaten“ (Familie) und „öffentlichen“ Lebensbereichen (Arbeitsplatz), verbunden mit der Arbeitsteilung zwischen Mann (Beruf) und Frau (Haushalt), führte im Vergleich zu den vorausgegangenen Jahrhunderten zu einer stärkeren Ausprägung unterschiedlicher Geschlechts-
charaktere. Im 20. Jahrhundert breitete sich das bürgerliche Familienmodell weiter aus und wurde auch in Arbeiterfamilien zunehmend praktiziert – sofern das Einkommen des Vaters so hoch war, dass die Mutter nicht arbeiten musste. Das traditionelle Bild der „klassischen Familie“ wandelte sich erst in den letzten Jahrzehnten, hin zu einem modernen Denken, in dem Kinderbetreuung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu den wichtigsten Themen gehören.

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