“Tian”-Starkoch am Arlberg: „Hinter jedem Essen stecken Menschen“

Mit dem Tian unter der Leitung von Paul Ivić eröffnete das erste vegetarische Gourmet-Restaurant am Arlberg.
Zürs Gehobene vegetarische Küche musste man bislang am Arlberg vergebens suchen.
Das Hotel Edelweiss sorgte zum Start in die Wintersaison für eine echte Überraschung: Das Sharing-Chef’s-Garden-Konzept von Starkoch Paul Ivić bringt die erste und einzige vegetarische Gourmetküche auf den Arlberg. Mit seinen raffinierten Kreationen aus rein vegetarischen Zutaten und einer nie enden wollenden Suche nach bester Qualität, fair produzierten Lebensmitteln und nachhaltiger Küche erkochte Ivić 2014 mit seinem Restaurant Tian in Wien – als einzigem vegetarischem Restaurant Österreichs und nur einer Handvoll Restaurants weltweit – einen Michelin-Stern und vier Hauben von Gault Millau und hat somit den Olymp der vegetarischen Küche erreicht.
Was war der Anlass für Sie, eine Berufsausbildung zum Koch zu absolvieren?
IVIĆ Meine kulinarische Reise begann in meinem Heimatort Serfaus in den Tiroler Alpen, als ich mit 14 Jahren nicht mehr weiter in die Schule gehen wollte. Meine Schwester hat mir vorgeschlagen, Koch zu werden. Sie zählte all die positiven Aspekte dieses Berufs auf: Man kann die Welt bereisen und kreativ sein. Dabei dachte ich sofort an die Schlagwörter „frei“ und „unabhängig“. Das hat mir gefallen und genau das wollte ich dann tun.

Sie widmen sich der vegetarischen Haute Cuisine. Wie kam’s?
IVIĆ Vor einigen Jahren war ich auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Genau zu diesem Zeitpunkt kam dann auch das Tian-Jobangebot. So ergab das eine das andere und ich beschloss, mich von nun an auf vegetarische Zutaten zu beschränken. Was ich an der vegetarischen Küche so besonders liebe, ist die Arbeit mit Produkten aus der Natur, die sich lebendig anfühlen. Ich schätze den Rhythmus, den uns die Natur mit speziellen saisonalen Gemüsesorten vorgibt.
Wird in Ihrer Küche Fleischersatz verwendet?
IVIĆ Mir ist es wichtig, mit meiner Küche nicht den Geschmack von Fleisch nachzumachen, sondern den Geschmack der Natur hervorzukehren. Die meisten vegetarischen Restaurants haben Tofu oder Seitan als Fleischersatz in ihrem Menüplan. Das ist bei uns anders. Die Natur bietet uns so viele bemerkenswerte Geschmäcker, warum sollten wir also versuchen etwas nachzuahmen, wenn wir mit den ursprünglichsten aller Zutaten arbeiten können? Guter Geschmack ist ein verbindendes Element.
Wie sieht Ihre ganz persönliche Lebensphilosophie zur vegetarischen Küche aus?
IVIĆ Für mich ist das, was wir tun, weit mehr als uns auf vegetarische Küche zu reduzieren. Essen ist mehr als reine Nahrungsaufnahme. Essen bedeutet, Verantwortung für alle Rohstoffe und all die hart arbeitenden Menschen, die dahinterstehen, zu übernehmen. Essen bedeutet, Menschen zusammenzubringen, denn es braucht keine gemeinsame Sprache – alles, was dafür notwendig ist, ist eine gute Seele. Was ich damit sagen will: Hinter jedem Essen, das wir zu uns nehmen, stecken Menschen, die hart dafür gearbeitet haben, dass die Zutaten auf unseren Tellern landen.
Sie gelten auch als Botschafter nachhaltiger Lebensmittel-Produktion?
IVIĆ Im Tian haben wir eine besondere Beziehung zu unseren Lieferanten. Wir kennen sie und ihre Ziele, wie etwa den Erhalt von beinahe ausgestorbenen Pflanzenarten. Gemeinsam versuchen wir, die Artenvielfalt der Natur am Leben zu erhalten. So haben wir uns zum Beispiel intensiv damit beschäftigt, wie die beste Zusammensetzung der Erde sein soll, in die wir unsere Samen setzen. Außerdem haben wir mit dem idealen Ernte-Zeitpunkt experimentiert, um die Produkte so frisch wie möglich von der Landwirtschaft ins Restaurant zu bringen. Mein Team würdigt die harte Arbeit der Produzenten, indem es stets bemüht ist, die gesamte Pflanze von der Wurzel bis zum Blatt zu verarbeiten.
Was war der Grund dafür, am Arlberg ein vegetarisches Restaurant zu eröffnen?
IVIĆ Ich fühle mich mit Lech Zürs eng verbunden. Immerhin habe ich meine Karriere als Koch im Hotel Post gestartet. Irmgard und Karl Wiener, die Geschäftsführer des Hotels Edelweiss kenne ich ebenfalls schon lange. Als Karl bei mir angefragt hatte, etwas anderes als die herkömmlichen Konzepte in das Skigebiet zu bringen, war ich sogleich begeistert. BI