Heißes Eisen: Klimafitte Wälder und Wild

Wie Förster und Jäger zusammenarbeiten müssen, um die Zukunft von Wald und Wild zu sichern.
Ludesch Für den Vorarlberger Waldverein ist es ganz klar, so sein Obmann Mag. Walter Amann: „Mit der Klimaveränderung werden stabile klimafitte Mischwälder immer wichtiger.“ Bei einem Rundgang in der Ludescher Au führte er aus, wie standortheimische Baumarten in der Verjüngung ankommen und aufkommen können.
In höheren Lagen spiele der zusätzliche Rehwildverbiss neben jenem von Gamswild und Rotwild in einigen Gebieten eine bedeutende Rolle, da sich das negativ auf den Wald auswirke. Der Verbiss beeinträchtigt die in Vorarlberg besonders wichtige Schutzwaldwirkung, wirkt sich aber auch auf die Qualität und Betriebssicherheit der Holzproduktion aus. Das findet nicht nur bei den Baumarten, sondern auch bei den Sträuchern und Bodenpflanzen statt, die Biodiversität nimmt ab, wie Walter Amann ausführt.
Angepasste Schalenwildbestände
Der Waldverein fordert, dass die Bestände durch die Jagdbewirtschaftung dem Lebensraum angepasst werden müssen. Völlig kontraproduktiv seien Rehwildfütterungen zur Bestandssicherung oder für eine hintergründige Trophäenverbesserung. Die Wildtiere haben von Natur aus spezielle Anpassungsstrategien, um über den Winter zu kommen (zum Beispiel das Herunterfahren des Stoffwechsels). Notzeiten, wenn die Fettreserven aufgebraucht sind, könnten bei Rehwild erst im März/April auftreten. Geschwächte und kranke Tiere würden dann von selbst ausfallen. So bleibt die Wildpopulation widerstandsfähig und gesund. Das sieht vielleicht aus menschlicher Sicht tragisch aus, wie der Obmann des Waldvereins erklärt, in der Natur ist es aber eine wichtige Überlebens- und Erhaltungsstrategie.
Dazu kommt, dass die Fütterung zumeist auf das Trophäenwachstum optimiert sei. Das habe zur Folge, dass diese unnatürlichen und saisonal falschen Futtermittel – sie enthalten vielfach einen zu geringen Raufaseranteil – zu Tierleid und sogar zum Tod der Wildtiere führen können.
Initiator der Bauernjäger
Die Forderungen des Waldvereins würden allerdings bei vielen Jägern als emotionale Forderung gegen die Jagd aufgefasst. Obmann Mag. Walter Amann dementiert diesen Vorwurf: „Ganz im Gegenteil, wir möchten hier alle Jäger zu einer Naturjagd einladen. Wir wollen gesunde und lebensraumangepasste Wildbestände in vegetationsreichen Waldbiotopen. Überhöhter Wildbestand schadet dem Wald und schließlich auch der Gesundheit des Wildes selbst. Wir haben daher den anerkannten Fachmann, Revierjagdmeister und Forstwirt Nikolaus A. Urban, aus dem benachbarten Deutschland zu uns eingeladen.“
Nikolaus A. Urban ist ein Vertreter der Naturjagd und hat über Jahrzehnte sehr erfolgreich für Wald und Jagd gearbeitet. Er ist Fachreferent und Mediator zu Wald-Wild-Themen, Berater der Bergwaldoffensive Ober- und Westallgäu, Projektbegleiter für „Klimafitte Wälder“ im Auftrag der Landwirtschaftskammer Oberösterreich sowie Verfasser zahlreicher Fach-Publikationen. Er hat die Initiative „Bauernjäger zur Stärkung des jagdrechtlichen Selbstbewusstseins von Jagdgenossenschaften“ (www.bauernjaeger.de) gegründet und ist seit 2005 Leiter und Fachreferent der „Bauernjäger-Jagdschule“. Er ist zudem Jagdleiter auf 2600 Hektar Jagdfläche in drei Eigenjagd- und drei Gemeinschaftsjagdrevieren. „Die Waldwirte und die Jäger müssen miteinander reden und zusammenarbeiten. Die große Frage ist dabei, wie soll der Wald in 60 Jahren ausschauen?“, betont der Forstwirt und führt weiter aus: „Wie wird sich der Klimawandel auf die Baumarten auswirken – das heißt: welche Baumarten werden aufkommen? Welche Baumarten brauchen wir? Das können zum Beispiel Ulmen, Eichen oder der Ahorn sein, dabei ist die Naturverjüngung ganz besonders wichtig.“
Eine Tatsache sei, dass viele der heutigen Wälder nicht standortangepasst sind. Gefragt sei daher, die Augen aufzumachen und mit der Natur zu arbeiten. Daher seien Rahmenbedingungen wichtig, die das richtige Zusammenleben zwischen Waldbesitzer und Jäger regeln. Dazu komme, dass der Winter eine Ruhephase für die Natur darstelle und es daher wichtig sei, keine Fütterung durchzuführen. Denn, wie der Nikolaus A. Urban betont: „Nur ein gesunder Wald garantiert das Überleben der Welt.“
Dafür wolle man sich einsetzen, wie Obmann Mag. Walter Amann zum Abschluss sagt: „Wir setzen uns für eine naturnahe, nachhaltige und multifunktionale Waldwirtschaft mit an den Lebensraum angepassten Schalenwildbeständen ein. Stabile Schutzwälder und klimafitte Mischwälder sind in einem Gebirgsland wie Vorarlberg besonders wichtig. Die Förderung des heimischen umweltfreundlichen Rohstoffes Holz als Baustoff und Energieträger ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir sehen uns als Forum für den Meinungsaustausch zwischen öffentlichen, forstlichen und anderen Interessen.“ HAB