Wo Geschichte wieder erlebbar ist

Heimat / 19.06.2022 • 12:00 Uhr / 6 Minuten Lesezeit
Kurator Christof Thöny führt durch die frisch renovierten Räumlichkeiten des Bludenzer Stadtmuseums. <span class="copyright">VN-Jun/SCO</span>
Kurator Christof Thöny führt durch die frisch renovierten Räumlichkeiten des Bludenzer Stadtmuseums. VN-Jun/SCO

Das Bludenzer Stadtmuseum wurde nach umfangreichen Umbaumaßnahmen wieder eröffnet.

Bludenz Nach vier Jahren Umbauzeit ist das Stadtmuseum wieder für seine Besucher geöffnet. Lang hat’s gedauert, doch das Ergebnis kann sich sehen lassen. „Vor 100 Jahren wurde das Museum zum ersten Mal eröffnet“, leitet Bürgermeister Simon Tschann die Eröffnungsfeier ein. Seit vor 20 Jahren der Geschichtsverein Bludenz die Betreuung des Museums übernommen hatte, hat sich viel getan. Vor wenigen Jahren wurde das Leader-Projekt „Neues Leben in alten Räumen“ gestartet. „Jetzt steht nicht mehr so viel Zeug drin wie früher.

Man kann sich bewegen“, freut sich Simon Tschann über die neu gestalteten Räume, für deren Konzept hauptverantwortlich Nikola Bartenbach (Gestaltung), Kurator des Museums Christof Thöny und Archivar Stefan Stachniß waren. „Wir haben viel Zeit und Geld investiert, um diesem geschichtsträchtigen Ort, das Obere Tor, neues Leben einzuhauchen“, sagt der Bürgermeister.

Dabei findet die Geschichte nicht nur im Museum, sondern in der ganzen Stadt statt. Das Stadtmuseum ist nur ein kleines Puzzleteil. Ein Teil des Museumsbestands wird weiterhin in der Volksschule Mitte und im Rathaus gelagert.

Neueröffnung Stadtmuseum Bludenz
Neueröffnung Stadtmuseum Bludenz

Dr. Andreas Rudigier, Direktor des Vorarlberg Museums, hielt am Eröffnungsabend ein Plädoyer für das Museum als „Speicherform des Wissens“ und sein verborgenes Potenzial. Die Geschichte des Stadtmuseums Bludenz zeugt nicht von Ruhm. 1947 wurde der damalige Museumsverein aufgelöst und die Verantwortlichkeiten für das Museum fielen an die Stadt zurück, die diese Aufgabe aber nicht stemmen konnte und daher das Museum schloss, wie Andreas Rudigier ausführte. 2002 hatte der Geschichtsverein das Stadtmuseum bei der langen Nacht der Museen wieder zum Leben erweckt.

Mut zur Reduktion

Im Stadtmuseum präsentiert sich eine neue Dauerausstellung, die „mehr auf das 21. Jahrhundert als auf das Gründungsjahr verweisen soll“, sagt Christof Thöny. Früher wurden noch 350 Objekte ausgestellt. Diese wurden drastisch auf ein Minimum reduziert. Thematisch beschäftigt sich das Stadtmuseum mit der Bludenzer Stadtgeschichte vom 14. Jahrhundert übers Mittelalter bis zur frühen Neuzeit.

Dabei stehen die sieben Räumlichkeiten der einstigen Turmwächterwohnung und die Geschichte des Oberen Tors im Vordergrund. „Wir haben die Räumlichkeiten renoviert beziehungsweise in ihren ursprünglichen Zustand zurückgebaut“, berichtet Christof Thöny. Basierend auf der Baugeschichte des 14. und 15. Jahrhunderts habe man ein Konzept entwickelt, wie die sieben Räume bespielt werden können. „Mut zur Reduktion“ war hier das Motto. Zusätzlich zur Ausstellung gibt es einen Audio-Guide in Englisch und Deutsch.

Nicht nur das Obere Tor

Die Schüler des Bundesgymnasiums Bludenz helfen bei der Betreuung des Stadtmuseums mit. Die Idee dahinter ist, dass sich Schulklassen die neue Dauerausstellung ansehen können. Der einzige Wermutstropfen ist, dass sich aus polizeilicher und brandschutztechnischer Sicht nur maximal 15 Personen gleichzeitig in den Räumlichkeiten des Stadtmuseums aufhalten dürfen. Christof Thöny wünscht sich daher, dass sich die Museumswelt in Bludenz nicht nur aufs Obere Tor beschränkt, denn es gebe noch viel mehr zu erzählen. „Die Moderne wird hier ausgeklammert“, sagt Christof Thöny. „In der Sammlung fehlen wesentliche Bereiche wie die Industrialisierung, die Eisenbahn und das 20. Jahrhundert.“ Vom alten Bludenz bis 1801 gibt es sowieso nur wenig Material. „Bis 1801 gibt es nur sieben Ansichten von Bludenz.“

Die Innenräume des Museums bestechen mit Schlichtheit. Im Eingangsbereich wird die Stadtgeschichte kurz umrissen. Im Flur kann man die alte Flurküche erkennen. Ein Stück alte Stadtmauer wurde von Markus Pescoller aus Bruneck freigelegt. In der Stube steht ein alter Kachelofen, daneben grenzt das Schlafzimmer an, in dem sich eine alte Trommel befindet. Auch eine kleine Auswahl an Waffen ist hier zu finden.

„Die Räume stehen im Mittelpunkt. Wir haben auf Objekte fast gänzlich verzichtet“, erklärt Christof Thöny bei der Führung. Die Ausstellung wurde bei der Eröffnung vor 100 Jahren um zwei Räume des Ehrenbrandtner Hauses erweitert.
Im hinteren Teil der Wohnung steht eine alte Schlosstruhe mit komplettem Schließmechanismus. Auf die Wände wurden Texte geschrieben, die zuvor mit einem Laser an die Wand projiziert worden sind. Die dazugehörigen Bilder wurden optisch hervorgehoben. Über eine schmale Stiege gelangt man zum Dachboden, wo Krankheit, Tod, Religiosität und Heilmittel thematisiert werden. Im Nebenraum werden die Menschen und ihr alltägliches Leben in den Vordergrund gerückt.

Zur Eröffnungsfeier waren nicht nur Vertreter der Stadt gekommen wie Bernhard Corn, Joachim Weixlbaumer und Cenk Dogan, sondern auch Kulturamtsleiter Stefan Kirisits und Mitarbeiterin im Kulturamt, Daniela Beck. Kuratorin Gabriela Glantschnig, Pfarrerin Christiane Assel, Verena Burtscher von der Villa Falkenhorst, Bauforscher Raimund Rhomberg und Christoph Marcabruni von Weinpunkt gehörten ebenfalls zu den ersten Besuchern des Stadtmuseums. SCO

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