Gericht: Keine Gratisfahrt für den „Dorfpolizist“

Jahresrückblick 2021 / 19.03.2021 • 07:00 Uhr / 3 Minuten Lesezeit
Gericht: Keine Gratisfahrt für den „Dorfpolizist“
Der 67-jährige Angeklagte vor Richterin Sabrina Tagwercher und den beiden Schöffen. VN/GS

Freispruch vom Amtsmissbrauch und der versuchten Erpressung.

Feldkirch Jahrelang war der Angeklagte Beamter einer Gemeindesicherheitswache. Heute, eigentlich im Pensionsalter, arbeitet der 67-Jährige als Straßenaufsichtsorgan in einer Vorarlberger Gemeinde in der Position eines Stadtangestellten. Man kennt ihn in jenem Ort als den „Dorfpolizisten“.

Bei der Verhandlung am Landesgericht Feldkirch erscheint er in Polizeiuniform. „Ich bin im Dienst“, begründet er gegenüber Richterin Sabrina Tagwercher seine schneidige Erscheinung.

„Absolut nicht schuldig“

Die angeklagten Vorwürfe gegen den ansonsten Unbescholtenen wiegen schwer: Verbrechen des Amtsmissbrauchs, versuchte Erpressung, Vergehen der gefährlichen Drohung und der versuchten Bestimmung der Beweisaussage. Aber: „Absolut nicht schuldig!“, so seine Verantwortung.

Doch worum ging es? Als „der Dorfpolizist“ in Uniform soll er den Bonus von Gratisfahrten in einer Buslinie der ÖBB genossen haben. Das behaupten zumindest Busfahrer als Zeugen in der Verhandlung. Reiseziel des Angeklagten sei unter anderem seine Freundin in einer anderen Gemeinde gewesen.

Bis jener Tag im Februar 2020 kam. Ein ihm nicht bekannter Buschauffeur soll plötzlich den Fahrpreis von 5,20 Euro verlangt haben. „Das erzürnte ihn sehr“, sagt Staatsanwältin Konstanze Manhart und: „Da beschloss er, es den Busfahrern der betreffenden Linie heimzuzahlen.“ Einer der Berufschauffeure sagt aus: „Er war extrem aufgebracht und drohte uns damit: Wenn Ihr so genau seid und mich abkassiert, dann bin ich auch genau mit den Kontrollen.“

Gesagt, getan: Tatsächlich begann der „Dorfpolizist“ die Fahrzeuge zu bemängeln. Der eine Bus war zu lang, der andere fuhr verbotenerweise mit eingeschalteten Nebelscheinwerfern innerhalb der Gemeinde herum. Auch Strafen hätte er kassiert, so das damalige Gerücht unter den Busfahrern. Jedenfalls kam es zu einer Anzeige bei der Polizei, sogar das Landeskriminalamt wurde eingeschaltet. Doch der Angeklagte blieb damals dabei und bleibt es auch heute: „Ich habe sie nur auf die Mängel aufmerksam gemacht, aber keine Strafen ausgesprochen. Nicht ein einziges Mal! Ich bin ein großzügiger Mensch. Ich verstehe nicht, weshalb es zu dieser Anzeige kommen konnte.“

Zu Kontrollen berechtigt

Der Schöffensenat fällt den Freispruch. Begründung ist unter anderem, dass der Angestellte zu Kontrollen berechtigt gewesen sei. Der Vorwurf, dass er Strafen kassiert habe, wurde entkräftet, da die befragten Buschauffeure dies bei der Verhandlung nicht bestätigten. Der Freispruch ist nicht rechtskräftig.

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