Ärzte im Visier: Schreiben mit deftigem Betreff

Jahresrückblick 2021 / 07.12.2021 • 05:30 Uhr / 4 Minuten Lesezeit
Ärzte im Visier: Schreiben mit deftigem Betreff
APA, VOL, Lechdoktor

Scheinbar versuchen selbst Ärzte andere Ärzte vom Impfen abzuhalten. Ärztesprecher mahnt zu Besonnenheit.

Dornbirn, Lech Persönlich zugestellter Haftungsbescheid: Ein Schreiben mit diesem deftigen Betreff flatterte unlängst dem Lecher Gemeindearzt Reinhard Muxel in die Praxis. Darin wird er unter anderem aufgefordert, sofort mit den Schutzimpfungen gegen Covid-19 aufzuhören. Er kennt weder den Absender noch die namenlosen „ärztlichen Kolleginnen und Kollegen“, die am Schluss freundlich grüßen. Als Bedrohung empfand er den Brief nicht. „Ich habe mich nur gewundert“, sagt Muxel, „nämlich darüber, was die Leute alles unternehmen, um andere von ihrer wichtigen Arbeit abzuhalten.“ Ein Kopfschütteln entlockt ihm auch, dass selbst Ärzte versuchen, andere Ärzte auf diese Weise zu beeinflussen.

Grautöne aushalten

Der Sprecher der niedergelassenen Ärzte, Burkhard Walla, weiß ebenfalls um Post dieser Art. „Es kommen die eigenartigsten Meldungen herein“, berichtet er. Doch Aufregung ist seiner Ansicht nach nicht das richtige Mittel. Im Gegenteil: „Wir sollten diesen Dingen gelassen entgegentreten.“ Das gilt auch für die Demonstrationen, bei denen inzwischen regelmäßig gegen die Coronamaßnahmen ins Feld gezogen wird. Obwohl die Töne immer lauter und aggressiver werden, mahnt Walla zu Besonnenheit. Zwar gilt auch für ihn der Grundsatz, wonach die Freiheit des Einzelnen dort endet, wo die Freiheit des Anderen beeinträchtigt wird, aber: Wissenschaft und Medizin sind extrem komplex, es gibt niemals 100 Prozent und auch kein Schwarz und Weiß. Wir müssen aushalten, dass es Grautöne gibt.“ Er selbst sieht keine Spaltung in der Gesellschaft, sehr wohl jedoch eine große Verunsicherung. Den Grund ortet Burkhard Walla auf politischer Ebene. „Anstatt ehrlich zu informieren und Unsicherheiten zuzulassen, wurde PR gemacht“, kritisiert er. Es sei in der gesamten Pandemie-Kommunikation und Krisenbewältigung sehr schnell nicht mehr nur um die Sache, sondern um Macht gegangen.

Nicht ideal, aber richtig

Dadurch seien Ängste geschürt worden, die Menschen empfänglich gemacht hätten für noch so absurde Verschwörungstheorien. Das führe zu einer verzerrten Sichtweise, weil relativ wenige Menschen viel zu viel Aufmerksamkeit bekommen würden. „Ich habe Verständnis für Menschen, die sich durch die Impfpflicht unter Druck gesetzt fühlen. Die Impfpflicht ist nicht die ideale Lösung, aber leider die einzig richtige“, erklärt Burkhard Walla seine Sicht der Dinge. Die Politik habe viel zu lange völlig unentschlossen in ihrem Zickzack-Kurs herumgewurschtelt. „Es liegt jetzt an uns als Gesellschaft, das Richtige zu tun. Wir können verantwortungsbewusst handeln, und zwar alle.“ Seine Botschaft: „Wir müssen lernen, mit der Pandemie zu leben, um sie zu überwinden.“ Für ihn als Mediziner heißt das: „Impfen so schnell und so viel wie möglich. Verantwortung für mich und die anderen übernehmen und so mit vereinten Kräften wieder ein normales Leben erreichen.“

Du hast einen Tipp für die VN Redaktion? Schicke uns jetzt Hinweise und Bilder an redaktion@vn.at.